Das schwierige Erbe des Eisbrechers

von Redaktion

Erneut ist ein Ministerpräsident auf dem kurzen, aber heiklen Weg nach Prag

Prag/München – Die Eiszeit endete in kleinen Pfützchen. Auf einem von Regen durchnässten roten Teppich schritt Horst Seehofer Seite an Seite mit dem tschechischen Regierungschef zum Amtssitz in Prag. Jeder Schritt erzeugte ein seltsames schlürfendes Geräusch, und überhaupt war es nass und saukalt an jenem Dezembertag. Aber diese Schritte, der ganze Besuch, waren eine wahrhaft historische Sache. 2010 ist das gewesen: Zum ersten Mal seit 65 Jahren voll Vorwürfen, Zorn und kalter Abneigung trafen sich die Regierungschefs aus Bayern und Tschechien.

An die Reise ist diese Woche wieder zu denken. Am Donnerstag reist Markus Söder nach Prag. Das Verhältnis ist noch immer kompliziert, aber die von Seehofer mit Petr Necas eingeleitete Versöhnung – eine außenpolitische Glanztat, allerdings seine einzige – hat Bestand. Wenn Söder nun mit dem neuen Regierungschef Petr Fiala zusammenkommt, wird es nicht mehr um Flucht, Vertreibung, Benes-Dekrete, Enteignung gehen. Die Problempunkte sind nun Streit um ein Atommüll-Lager in Böhmen und der seit Jahrzehnten vertrödelte Bahn-Ausbau.

Söder wird nur kurz zu einem Arbeitsessen in der repräsentativen Kramar-Villa bei Fiala erwartet. Geplant sei ein erstes Kennenlernen, heißt es in der Staatskanzlei. Der CSU-Chef will auch eine Bayern-Einladung wiederholen. Der liberal-konservative Politik-Professor Fiala, 57, ist erst seit November im Amt.

Aus Bayern begleiten Söder dennoch deutliche Mahnungen nach Prag. Landtagsvizepräsident Markus Rinderspacher (SPD) verlangt viel konkretere Ergebnisse als bisher absehbar. Die Beziehungen seien „zwischenzeitlich abgekühlt“, warnt Rinderspacher, er verweist auch auf die Corona-Grenzkontrollen ab 2020. Konkret verlangt die SPD von Söder, mehr Schüleraustausch und Stipendien zu vereinbaren, sich mehr einzusetzen für den Bahn-Ausbau und für einen Ausbau des 5G-Handy-Netzes in der Grenzregion.

Für Söder ist die Reise nun auch ein Neustart, sich etwas mehr um Außenpolitik zu kümmern. Weitere Touren sind geplant. So soll die wegen seiner Corona-Infektion kurzfristigst ausgefallene Golf-Reise heuer nachgeholt werden, mittelfristig könnte eine Indien-Delegationsreise folgen. C. DEUTSCHLÄNDER

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