München – Ludwig Kropp hat sein eigenes Rezept gegen das Schwitzen. Es ist simpel, aber zuverlässig: Sprudelwasser mit Zitrone. Der 77-Jährige aus Freising bereitet sich an heißen Tagen wie diesen gleich morgens eine Karaffe vor. Damit er immer vor Augen hat, wie viel Flüssigkeit sein Körper bereits bekommen hat. So diszipliniert wie Kropp sind nicht alle Senioren. Viele vergessen das Trinken oder haben kein Durstgefühl mehr. „Oder sie haben Angst, nicht rechtzeitig zur Toilette zu kommen, wenn sie zu viel trinken“, sagt der Münchner Pflege-Experte Claus Fussek. Er plädiert seit vielen Jahren für Trinkpatenschaften: Ehrenamtliche, die in die Heime kommen, sich zu den Menschen setzen und gemeinsam mit ihnen trinken. Denn Getränke nur hinzustellen, reiche bei den meisten Senioren nicht aus, sagt er. „Es braucht Menschen, die sich Zeit nehmen und Senioren immer wieder zu einem Schluck auffordern.“
Sonja Brandtner kann das nur bestätigen. Sie leitet in München eine Tagespflege. Vielen Senioren sehen sie und ihre Kollegen an, ob sie genug trinken. Das könne man an der Haut erkennen, erklärt sie. Und oft auch am Verhalten. Gerade Demenzkranke seien verwirrter, wenn sie nicht genug trinken. Brandtner und ihr Team werden kreativ, um die Senioren zum Trinken zu animieren. Ihr Tipp: „Lieber kleine Gläser benutzen und die ständig auffüllen. Große Gläser machen schlechten Trinkern Angst.“ Die Getränke müssen schmecken, sagt sie. Und manchmal kann auch der richtige Snack schon Wunder bewirken. „Statt Kuchen gibt es an heißen Tagen bei uns Wassermelone, Gurke oder Tomaten – alles, was viel Wasser enthält.“
Obst und Gemüse haben noch einen weiteren Vorteil: Beides liefert Mineralien, um ausgeschwitzte Salze zu ersetzen. Eiskalte Getränke hingegen sind weniger ratsam für Senioren. Denn um sie auf Körpertemperatur zu erhitzen, ist mehr Energie nötig. Generell sollten über den Tag verteilt zweieinhalb bis drei Liter getrunken werden. Für schlechte Trinker sei das eine Herausforderung, sagt Brandtner. Trotzdem rät sie eindringlich dazu, gerade Senioren nicht zu sehr zum Trinken zu animieren. „Das nervt sie eher und bewirkt dann das Gegenteil.“ Sie und ihre Kollegen versuchen so natürlich wie möglich zu motivieren. Zum Beispiel durch Anstoßen. „Gerade bei Demenzkranken hilft das sehr.“
Etwas mehr Sorgen sind angebracht bei Senioren, die allein leben. Viele vergessen das Trinken ohne Gesellschaft, erklärt Luciana Ciccarella von der Nachbarschaftshilfe in Allershausen im Kreis Freising. Ihr Tipp: Verwandte und befreundete Senioren in diesen heißen Tagen etwas häufiger besuchen. Vielleicht sogar mit einer Wassermelone im Gepäck.