Streit um Aufhebung der Quarantänepflicht

von Redaktion

Scharfe Kritik an Gassens Vorstoß – Holetschek alarmiert: „Der Vorschlag kommt zur Unzeit“

München – Um die Quarantänepflicht während einer Corona-Infektion ist eine neue Debatte entbrannt. Andreas Gassen, der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, hatte sich dafür ausgesprochen, die Isolationspflicht bis auf Weiteres aufzuheben, um die Personalnot zu lindern. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) spricht sich deutlich gegen diesen Vorstoß aus.

„Wir müssen zurück zur Normalität“, hatte Gassen betont. „Wer krank ist, bleibt zu Hause. Wer sich gesund fühlt, geht zur Arbeit. So halten wir es mit anderen Infektionskrankheiten wie der Grippe auch.“ Hintergrund ist, dass es in vielen Berufen aktuell große Personalengpässe gibt, weil so viele Menschen infiziert sind. Das trifft besonders die Berufe im Gesundheitsbereich, wie Rettungsdienst und Krankenhäuser (wir berichteten). Doch zu Gassens Vorschlag kam sofort Widerspruch. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schrieb am Samstag auf Twitter: „Infizierte müssen zu Hause bleiben. Sonst steigen nicht nur die Fallzahlen noch mehr, sondern der Arbeitsplatz selbst wird zum Sicherheitsrisiko.“ Auch eine Verkürzung der Quarantänepflichten würde keinen Sinn machen, hieß es aus dem Ministerium. Mit Blick auf die angespannte Personallage war die Isolation für Infizierte bereits im Frühjahr auf fünf Tage verkürzt worden – mit einer „dringenden Empfehlung“, sich testen zu lassen.

Holetschek betonte, Gassens Vorschlag komme zur Unzeit. „Wir befinden uns in einer hochdynamischen Infektionslage. Im Herbst erwarten wir einen weiteren Anstieg der Infektionszahlen. Niemand weiß, welche Virusvariante dann vorherrschen wird.“ Er wunderte sich auch darüber, dass bei der Debatte niemand auf die Expertise des Robert-Koch-Instituts höre. Zudem sollten die Länder eingebunden werden, fordert er.

Auch von Eugen Brysch, dem Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, kommt Kritik an Gassen Vorstoß. Er wirft ihm Opportunismus vor. „Die Isolation schützt. Denn so wird verhindert, dass sich andere anstecken.“ Mit Blick auf Long- und Post-Covid betonte er, Gassen spiele mit der Gesundheit der Menschen.

Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann hingegen stellte sich hinter Gassens Forderung. „Das ist ein lösungsorientierter Ansatz, um einen klügeren und individuellen Umgang mit Corona-Infektionen zu ermöglichen“, sagte er. „Die Isolierdauer sollte nicht mehr von staatlicher Seite fixiert sein.“ mm/dpa

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