Ein Plakat sorgt für Aufregung

von Redaktion

Dietramszeller Burschenverein wirbt mit halbnackter Frau für Party

Dietramszell – Was hat eine halbnackte Frau mit Brauchtum zu tun? Das fragen sich gerade viele Menschen in Dietramszell im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Die Burschen werben mit dem überlebensgroßen Foto einer knapp bekleideten Frau für ihre Starkstromparty am morgigen Freitag.

„Auf platteste Weise wird hier Tracht und Tradition mit einem diskriminierenden Frauenbild verknüpft“, sagt eine 39-jährige Dietramszellerin. Wie alle anderen Zitierten möchte sie anonym bleiben. „Das Plakat ist sexistisch und repräsentiert ein längst überholtes ländliches Frauenbild.“ Selbst auf dem Leonhardifest habe es kurz gehangen. Auf öffentlichen Werbeflächen der Gemeinde sei es allgegenwärtig.

„Einfallslos und plump“ findet ein 46-jähriger Gemeindebürger, dass „Burschen einen Frauenkörper benutzen, um die Vereinskassen zu füllen“. Auch die Mutter einer Tochter im Teenie-Alter ist empört: „Wir wollen unseren Kindern ein realistisches Frauenbild vermitteln, in dem es um mehr als Aussehen geht – und dann so ein Plakat.“ Heranwachsende würde der perfekte, wohl digital nachbearbeitete Körper zudem unter Druck setzen.

Tobias Killer, Vorstand der Burschen, kann die Aufregung nicht verstehen. „Andere Burschenvereine werben genauso für ihre Partys. Nur bei uns gibt es Ärger“, sagt der 19-Jährige. Die Mädchen in seinem Bekanntenkreis hätten kein Problem damit. Mit dem gleichen Foto hatten die Burschen 2019 schon mal geworben. Auch da stieß die Aktion auf Kritik. Nach der Rüge des Landratsamts entfernten sie die Plakate wieder. Allerdings nur, weil sie unerlaubt an der Straße standen, wie Killer erklärt.

Heuer hängen die Banner an privaten Hauswänden. Nachdem Dietramszells Bürgermeister Josef Hauser (FW) dem Vorstand ins Gewissen geredet hatte, überdeckte in Föggenbeuern ein Schild mit der Aufschrift „Zensiert“ die freizügigen Einblicke – aber nur für den Tag der Leonhardifahrt. „Moralisch kann man verschiedener Meinung dazu sein, aber rein rechtlich sind die Plakate nicht zu beanstanden“, sagt Hauser.

Gegen das Motiv, das viele als diskriminierend empfinden, gibt es keine juristische Handhabe. Denn sexistische Werbung ist in Deutschland – anders als etwa in Norwegen – nicht verboten. In München und vielen anderen Städten ist sie aber auf öffentlichen Werbeflächen untersagt.

CLARA WILDENRATH

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