München – Zum Ferienstart mehren sich die Anzeichen, dass das neue Schuljahr mit gravierendem Lehrermangel starten wird. Stellen gibt es, aber die Köpfe fehlen. Daher gibt es Aufrufe, auf alle erdenkliche Weise Lehrer zu gewinnen. Ein zusätzliches Problem sind die ukrainischen Schüler, die irgendwie in den Klassen unterkommen müssen. Die Lehrerverbände sind schon alarmiert. „Der Markt an pädagogischen Fachkräften jeglicher Art ist leer gefegt“, warnt der Chef des Bayerischen Philologenverbands, Michael Schwägerl. Simone Fleischmann vom BLLV zitiert das Kultusministerium, das die Verantwortung den Grund- und Mittelschulen überlasse. „Regional spezifisches Ausbalancieren von angespannten Personallagen“, werde das ministeriumsintern genannt.
Der Lehrermangel gerade an Grund- und Mittelschulen ist ein Uralt-Problem. Kultusminister Michael Piazolo (FW) hätte gerne die Eingangsbesoldung auf das Niveau der Gymnasiallehrer gehoben, aber dieses Vorhaben ist auf Eis gelegt. Das führt zu Notlagen vor Ort – und zu unorthodoxen Schritten. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen etwa kursiert eine Alarm-E-Mail der Schulamtsleiterin Petra Burkhardt in der die Schulen selbst zur Lehrersuche aufgefordert werden. Lehrer sollten „geeignete Personen“ anwerben. So wird vorgeschlagen, Pensionisten und Teilzeitkräfte anzusprechen. Es sollten ferner Lehramtsstudenten höherer Semester gewonnen werden und auch „Substituenten“ – das sind Personen, die irgendein Hochschulstudium absolviert haben. Ihnen wird sogar eine Klassenleitung in Aussicht gestellt.
Im Landkreis Ebersberg gibt es Klagen über die zusätzliche Aufnahme ukrainischer Grundschüler in den Regelklassen – denn sie werden nicht als „Migranten“ gerechnet, wie das Kultusministerium bestätigt. Hintergrund: Hat eine Grundschulklasse mehr als 50 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund, gibt es kleinere Klassen. Die übliche Klassen-Höchststärke von 28 Kindern gilt dann nicht. Bei den ukrainischen Schülern sei die Ausgangslage jedoch eine andere, sagt eine Sprecherin des Ministeriums: „Diese Kinder sprechen bereits so gut Deutsch, dass sie dem regulären Unterricht folgen können.“ Zusätzlich gibt es allerdings Differenzierungsstunden in Deutsch, „Deutsch-Plus“-Förderung genannt.
Ob dieses Konzept angesichts des Lehrermangels überall 1:1 durchgesetzt wird, scheint aber offen. BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann rechnet mit unschönen Notmaßnahmen. Klassen würden vergrößert, die individuelle Förderung gestrichen, fachfremde Personen als Lehrer eingesetzt. Das sei für sie nur ein Beleg für das „Durchwurschteln in der bayerischen Bildungspolitik“. dw/dst