Ein Mann kämpft gegen die Gender-Sprache

von Redaktion

VON ANDREAS MÜLLER

Ingolstadt – Im März vergangenen Jahres hat Audi mit dem Slogan „Vorsprung beginnt im Kopf“ den Gender-Leitfaden eingeführt und erklärt, dass „alle Geschlechter und geschlechtlichen Identitäten gleichwertig und wertschätzend angesprochen werden sollen“. Der 46 Jahre alte Alexander B., der bei VW als Prozessmanager tätig ist und der bei Kontakt mit Audi fortan ebenfalls gendersensibel angesprochen wurde, wollte dies nicht akzeptieren. Weil Audi sich weigerte, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben, hat er Klage erhoben.

In der mündlichen Verhandlung vor eineinhalb Monaten hat Alexander B. gefordert, „er möchte in Ruhe gelassen werden mit dieser Gender-Sprache“. Er sei zwar klar für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung. Aber die im Leitfaden vorgeschriebene Verwendung führe zu neuer Diskriminierung. Der Gender-Gap („Mitarbeiter_innen“) müsse deshalb weg. Unterstützt wurde die Klage vom Verein Deutsche Sprache, der das Gendern generell ablehnt und von einer „Ideologie“ spricht.

Den Vergleichsvorschlag des Gerichts, mit dem Kläger ohne Gender-Gap zu kommunizieren, den Leitfaden im Übrigen aber beizubehalten, haben die Audi-Vertreter in der mündlichen Verhandlung abgelehnt: Dies sei nicht praktikabel. So musste die Zivilkammer ein Urteil fällen, das der Vorsitzende Richter Christoph Hellerbrand am Freitag nur kurz begründete.

Der Kläger habe zwar ein Rechtsschutzbedürfnis, weil er mit der Gender-Sprache konfrontiert sei, stellte der Richter fest. Zu einer aktiven Nutzung sei er als VW-Mitarbeiter jedoch nicht verpflichtet. Der Leitfaden richte sich nur an Mitarbeiter der Audi AG. Das bloße „Recht, in Ruhe gelassen zu werden“, könne einen Unterlassungsanspruch weder nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz noch nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften begründen. Ohne dass Hellerbrand dies angesprochen hätte, ist wohl davon auszugehen, dass das Gericht das Persönlichkeitsrecht des Klägers und die – ebenfalls grundrechtlich geschützte –unternehmerische Freiheit der Audi AG gegeneinander abgewogen hat.

Klagen, mit denen der Kläger geltend macht, die bloße Konfrontation mit etwas, das ihm unliebsam ist, verletze ihn in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht, sind nur selten erfolgreich. Erst vor Kurzem hat der Bundesgerichtshof die Unterlassungsklage eines Mannes abgewiesen, der erreichen wollte, dass das „Judensau“-Relief an der Stadtkirche Wittenberg beseitigt wird. Ebenso erfolglos blieb die Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen den Kreuzerlass des Bayerischen Ministerpräsidenten. Ob das Urteil anders ausgefallen wäre, wenn ein Audi-Mitarbeiter geklagt oder der Leitfaden den VW-Mitarbeiter verbindlich verpflichtet hätte, Gender-Formulierungen aktiv zu nutzen, blieb offen.

Dazu, ob er Rechtsmittel einlegen werde, wollte sich Alexander B. nicht festlegen. Er behalte sich jedoch „weitere rechtliche Schritte ausdrücklich vor“, sobald die vollständige Urteilsbegründung vorliege, erklärte er nach der Urteilsverkündung. Die erste Instanz dürfte ihn rund 4500 Euro gekostet haben. Falls er Berufung einlegt, muss sich das Oberlandesgericht München noch mal mit dem Fall befassen.

Die erste Instanz dürfte ihn 4500 Euro gekostet haben

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