Badewannen-Mord: Manfred G. wieder frei

von Redaktion

VON ANGELA WALSER

Rottach-Egern – „Super, super, super – das freut mich von ganzem Herzen.“ Peter Janssen, ehemaliger Bürgermeister der Stadt Tegernsee, jubelte, als er am Telefon die Nachricht von der Freilassung und dem geglückten Wiederaufnahmeverfahren erfuhr. Janssen hatte sich dafür stark gemacht, als das Verfahren 2020 ins Stocken geriet. „Er hätte nicht verurteilt werden dürfen“, sagte Janssen, „ich war davon überzeugt, dass die Wiederaufnahme klappt“, fügte er hinzu. Kurz darauf wurde er von einem Glücksgefühl überrollt. Ihm kamen die Tränen, „es ergreift mich zutiefst“, sagte Janssen. Manfred G. hätte sein zweites Kind nicht richtig kennenlernen können. Es kam zur Welt, als er hinter Gittern saß.

Rechtsanwältin Regina Rick hatte Manfred G. am Freitag aus der Haftanstalt Landsberg am Lech abgeholt und heim ins Tegernseer Tal (Landkreis Miesbach) gebracht. „Er war gefasst, es ging ihm gut, seine Augen haben geleuchtet“, berichtete die erfolgreiche Juristin. Der 62-Jährige habe sich wahnsinnig auf seine Familie gefreut. Als sich Rick dann verabschiedete, wurde sie von seiner Frau gedrückt. „Danke, dass Sie mir meinen Mann zurückgebracht haben“, sagte die Frau des Hausmeisters. Da sei auch sie gerührt gewesen, berichtete die Anwältin. 2019 hatte sie einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt. Da saß Manfred G. schon zehn Jahre im Gefängnis. Er war zu lebenslanger Haft verurteilt worden, weil er 2008 die 87-jährige Lieselotte K. ertränkt haben sollte. Er hatte die Tat stets bestritten.

Es folgten eineinhalb Jahre des Wartens: Erst im Dezember 2020 traf das Landgericht München I eine Entscheidung und wies den Wiederaufnahmeantrag als unzulässig zurück. Diese Entscheidung wurde im September 2021 vom Oberlandesgericht (OLG) München auf Beschwerde der Rechtsanwältin hin korrigiert. Am Freitag dann die Kehrtwende: Die neuen Sachverständigen-Gutachten könnten in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen zu einer günstigeren Entscheidung für den Angeklagten führen, entschied das Gericht.

Dabei handelt es sich um ein Wärme-Gutachten, das zu einem Todeszeitpunkt kommt, der erheblich von dem Zeitfenster entfernt liegt, welches das Erstgericht angenommen hatte. Dem Sachverständigen gelang dabei erstmals eine Berechnung der ungefähren Wassertemperatur in der Badewanne zum Zeitpunkt, als der Leichnam von Lieselotte K. durch eine Mitarbeiterin des Pflegedienstes gefunden wurde. Auf dieser Grundlage konnte ein neuer Todeszeitpunkt berechnet werden, zu dem sich G. nicht mehr in der Wohnung befunden haben soll.

Ein weiteres Gutachten gab eine computergestützte Simulation des Tatgeschehens wieder. Es zeigte einen nachvollziehbaren Sturz der 87-Jährigen in die mit Wasser gefüllte Wanne. Diese Erkenntnisse waren erst aufgrund der technischen Entwicklung der vergangenen Jahre möglich. 2012 hatte der damalige Rechtsmediziner noch bezweifelt, dass die beiden großflächigen Kopfverletzungen durch einen Sturz entstanden sein könnten. Das Gericht ging davon aus, dass Manfred G. die Frau ertränkt hatte, um die Kopfverletzungen zu vertuschen.

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