„Boarisch ist einfach herzenswarm“

von Redaktion

INTERVIEW Dialekt als Heimatgefühl: 18. Bairische Sprachwurzel für Ilse Aigner

Straubing – Ihre bairische Sprachfärbung ist ein Markenzeichen von Ilse Aigner (57). „Bärig!“, findet der Bund Bairische Sprache und ehrte die Landtagspräsidentin am Sonntag in Straubing mit der Bairischen Sprachwurzel. Aus Sicht von Sepp Obermeier, Erfinder der Auszeichnung, hatte sie sich unter anderem in einer Fernsehsendung als dialektales Vorbild erwiesen.

Herzlichen Glückwunsch! Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung?

Ilse Aigner: I hob mi sehr gfreid, weil’s ned selbstverständlich is’. Es ist eine Ehre, vor allem, wenn man sieht, wer die Auszeichnung schon alles gekriegt hat.

Zum Beispiel Luise Kinseher, Martina Schwarzmann, Christian Stückl und Pfarrer Schießler. Welche Aussage in der Laudatio fanden Sie treffend?

Ich fand’s treffend, dass ich im politischen Theater de Wadl viere richten kann. Es hieß, krachert wär’ ich nie, selten g’schnappig, aber immer pfeilgrad.

Reden Sie auch bei offiziellen Anlässen Dialekt?

Nicht zu 100 Prozent, also nicht so, wie ich mit meinen Schwestern oder mit Freunden rede. Aber man hört ihn eindeutig raus.

Wann schalten Sie um?

Bei Veranstaltungen wie etwa dem Ludwig-Erhard-Gipfel passe ich mich an, aber beim Gautrachtenfest oder bei der Hauptalmbegehung mit Bauern red’ i immer boarisch.

Können Sie mit Ihrem Dialekt punkten?

Die Leute reagieren schon positiv. Meiner Karriere hat es sicher nicht geschadet, ganz im Gegenteil. Es entspricht meinem Naturell, dass ich bodenständig geblieben bin, das Ohr noch am Volk hab’ und so reden kann, dass man mich versteht.

So, wie Sie es dahoam in Feldkirchen-Westerham gelernt haben. Sprechen dort heutzutage Kinder noch bairisch?

Wieder mehr als früher. Mein Stimmkreis geht bis Kreuth/Bayrischzell, dort wird mit den Kindern viel Dialekt gesprochen. Und wenn ich mir die Jugend anschau: Da läuft der Schriftverkehr untereinander häufig auf Bairisch, des hod’s bei uns friara ned geb’n. Auch ich selber mach’ in den sozialen Medien gerne ,Posts’ auf Bairisch, wenn’s grod bassd.

Die Biermösl Blosn ist überzeugt: „Boarisch konnst ned studier’n, im Herzen drin muaßt as spürn.“ Was bedeutet Ihnen Ihre Muttersprache?

Sie ist meine Wurzel, mein Heimatgefühl, ich bin damit verwachsen. Boarisch ist einfach herzenswarm. Es gibt ja auch so schöne Begriffe, die man im Dialekt besser sagen kann als in der Schriftsprache.

Welche Begriffe gefallen Ihnen besonders?

„A gfrieriga Schnä“ zum Beispui, also ein guter, schön zu fahrender Schnee. Auch das Wort „fei“ ist vielseitig einsetzbar, es kann „aber“, „auch“ und genauso gut „eigentlich“ hoaßn. Der Ausdruck „A gmahde Wiesn“ basst a oft wunderbar.

Ihr Dialekt klingt recht g’schmeidig. Ist Oberbairisch von Haus aus salonfähiger als zum Beispiel schwäbisch, fränkisch oder oberpfälzisch?

Es wird wohl von außen leichter verstanden. Die Eberhofer-Krimis und die Rosenmüller-Filme sind ja ein voller Erfolg – und zwar weit über die bayerischen Grenzen hinaus. Aber jeder Dialekt hat was. Des Scheene is’ de Vielfalt.

Früher galt der Dialekt nicht unbedingt als vornehm. Was raten Sie Bayern, die dazu neigen, ihren Dialekt zu verstecken?

Sofern man verstanden wird: Raus damit!

Interview: Corinna Kattenbeck

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