Tankstellen bekommen keinen Sprit mehr
Lukas Wolf ist seit zwei Jahren Pächter einer Total-Tankstelle in Parsdorf, Kreis Ebersberg. Normalerweise kümmert er sich nicht um die Füllstände seiner Tanks – braucht einer Nachschub, wird das automatisch an den Zulieferer gemeldet, dann kommt der Tanklaster. Doch zur Zeit ist das anders: Wolf gehen regelmäßig Benzin und Diesel aus. „So was hatten wir noch nicht“, sagt Wolf. Er hat extra ein großes Schild aufgestellt, um die Kunden zu informieren. Trotzdem reagieren viele überrascht und auch ein wenig sauer, wenn sie mit fast leerem Tank weiterfahren müssen. „Ich hoffe, sie sehen, dass wir nicht die einzigen mit diesem Problem sind“, sagt Wolf. Tatsächlich: Auch andere Tankstellen aus den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen oder Weilheim-Schongau berichten von Engpässen.
Woran liegt’s? Ein wichtiger Punkt ist auch hier die Trockenheit. Der Verband „Fuels und Energie“, der die Tankriesen Esso, Jet, OMV und Shell vertritt, erklärt, dass wegen des anhaltenden Niedrigwassers im Rhein nur noch ein Drittel der üblichen Menge Mineralöl transportiert werden kann. „Mit einer Besserung rechnen wir erst gegen Ende des dritten Quartals“, heißt es beim Verband auf Anfrage.
Flüsse und Seen haben bedrohlich niedrige Pegelstände
Die Niedrigwassersituation spitzt sich in Bayern weiter zu. Einige Pegel kleinerer Flüsse haben neue Rekord-Niedrigstwerte, so etwa die Altmühl bei Treuchtlingen oder die Rott bei Ruhstorf in Niederbayern. Bedrohlich sieht es stellenweise auch an der Amper aus – bei Fürstenfeldbruck hat sie stellenweise nur 30 Zentimeter Wasser. Der Abfluss beträgt derzeit 7,4 Kubikmeter je Sekunde – vor zwei Wochen war es noch fast doppelt so viel.
Am Sylvensteinspeicher, der den Wasserstand der Isar bis hinter München reguliert, ist die Trockenheit nicht spurlos vorübergegangen. Der Pegel lag gestern Mittag bei 745,46 Metern über Normalnull – das sind 4,5 Meter Meter unterhalb des Sommerstauziels von 750 Metern. In einer Woche hat der Wasserstand einen Meter abgenommen. Momentan fließt doppelt so viel Wasser in die Untere Isar raus, wie oben zugeführt wird. Doch Panikstimmung besteht im Wasserwirtschaftsamt Weilheim, das den Speicher managt, nicht. „Das ist noch nicht so wild“, sagt Behördenchef Korbinian Zanker. Der Speicher kann noch weitere neun Meter bis auf 736,40 Meter abgesenkt werden. „Bei gleichbleibenden Bedingungen reicht das Wasser noch für 33 Tage“, sagt die Betriebsbeauftragte des Speichers, Andrea Kröner. Wie gigantisch die Dimension des in den 1950er-Jahren erbauten Speichers ist, zeigen auch folgende Zahlen: Wenn der Speichersee auf das Limit von 736,4 Meter abgesenkt wird, dann hat er noch vier Millionen Kubikmeter Wasser. Momentan aber sind es 15 Millionen Kubikmeter mehr, also 19 Millionen Kubikmeter Wasser.
Auch die Grundwasserstände sind besorgniserregend niedrig. Laut Landesamt für Umwelt unterschreiten die meisten Messstellen in Südbayern das für diese Jahreszeit übliche Niveau erheblich.
Rettung: Boote können nicht ins Wasser gelassen werden
Die Wasserwacht-Bayern beobachtet zunehmende Probleme aufgrund der niedrigen Pegel: „Besonders große Motorrettungsboote sind schwieriger ins Wasser zu bekommen“, heißt es. An vielen Gewässern müssen die Boote an anderen Stellen ins Wasser gelassen werden. Im Notfall weicht die Wasserwacht auf Schlauchboote mit Motorantrieb aus. Doch auch im Wasser selbst muss mit mehr Umsicht gefahren werden, da die Gefahr aufzusetzen ebenfalls gegeben ist. Über ähnliche Probleme berichtet die DLRG.
Fische und Muscheln geraten in Stress, Pflanzen wuchern
Die kühlen Nächte der vergangenen Tage haben ein wenig für Entspannung gesorgt – dennoch sind viele Fließgewässer und Seen in Bayern zu warm. Und einige Bachläufe sind ganz ausgetrocknet. „Dort ist es dramatisch“, sagt Udo Steinhörster vom Fischereiverband Oberbayern. Würden diese Gewässer nicht von Fischereiverbänden betreut, würden die Tiere verenden – so werden die Fische vielerorts umgesetzt. In den großen Seen sei es zum Glück noch so, dass die Fische in tiefere, kühlere Bereiche ausweichen können. Auch in den größeren Flüssen Isar, Inn oder Lech sei noch genügend Wasser für die Fische.
Die Situation der oberfränkischen Flussperlmuschel ist laut Landesamt für Umwelt besorgniserregend – zum Teil wurden Bestände bereits umgesetzt. Auffällig sei die Ausbildung großer Bestände von Wasserpflanzen, die zusätzlich von der langsameren Strömung in Flüssen profitieren. Und weil die Sonne die Seen stark erwärmt, bilden sich besonders viele Algen.
CARINA ZIMNIOK & DIRK WALTER