Stefan Schubert hat keinen einfachen Job. „Politiker, die besonders einfach zu schreiben sind, gibt es nicht“, sagt er. Der 56-Jährige muss es wissen. Seit 1990 schreibt er die Debatten im bayerischen Landtag mit, leichter ist sein Job seitdem nicht geworden. Denn die Menschen sprechen immer schneller, berichtet er. Im Alltag – und in der Politik ganz besonders. Denn im Parlament ist die Redezeit am Pult fast immer begrenzt. Da trifft es sich gut, dass Tempo kein großes Problem für Schubert ist: Er ist amtierender Deutscher Stenografie-Meister in der Disziplin „Kurzschrift“. Beim jüngsten Wettbewerb traten die 76 schnellsten Schreiber gegeneinander an. In der höchsten Stufe wird ein Text immer schneller vorgelesen, bis der Sprecher nach zehn Minuten eine Geschwindigkeit von 475 Silben pro Minute erreicht. Zum Vergleich: Menschen sprechen im Alltag nur rund 300 Silben pro Minute. Doch Stenografie wird heute an immer weniger Orten unterrichtet. Im Alltag braucht die Hand-Stenografie kaum noch jemand. Dabei bringt die Kurzschrift einige Vorteile mit sich. So können die Stenografen beispielsweise bei Gesprächen direkt Zwischenrufe erfassen und einordnen. Ebenso können sie Floskeln weglassen, die nicht zur Sache gehören, erklärt Schubert. Deshalb fänden sich immer noch Freischaffende, die zum Beispiel in Gerichten, in Aufsichtsratsversammlungen und als Journalisten mit der Schrift arbeiteten.
Die Sprache zu lernen, ist aber nicht so einfach. Es kann laut Experten mehr als ein Jahr dauern. Schubert hat die Kurzschrift noch in der Schule gelernt. Er sei von der ersten Stunde an begeistert gewesen, sagt der studierte Volkswirt. Mit wenigen Strichen ganze Worte zu schreiben, habe ihn gereizt – auch weil er Stenografie als Geheimschrift nutzen konnte. Denn dort werden Buchstaben reduziert und ganze Begriffe teils mit Häkchen und Linien abgekürzt. Wer die Kurzschrift nicht beherrscht, sieht darin meist nur ein einziges Gekrakel. Heute ist Schubert einer von 13 Stenografen im bayerischen Landtag. Jeweils zehn Minuten lang schreiben sie im Plenum mit. Danach haben sie zwei Stunden Zeit, ihre Protokolle zu übersetzen. Mittlerweile müsse er über die Schreibweisen von Worten und Sätzen nicht mehr nachdenken, sagt Schubert. Das gehe ihm vom „Hirn in die Hand“. Dennoch gibt es auch für ihn eine besondere Herausforderung bei seiner Arbeit: die Dialekte der Abgeordneten in Bayern. Die übersetzt er grundsätzlich gedanklich ins Hochdeutsche und schreibt dann erst den Text in Stenografie. Nur einzelne Aussprüche, Redewendungen und Betonungen schreibt er auch im jeweiligen Dialekt auf. FELIX MÜSCHEN