Schule: Aufhol-Programm versandet

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München – Um die Folgen der Corona-Pandemie abzumindern, ist viel Geld geflossen: Eine Milliarde Euro gab der Bund 2021 für ein zweijähriges „Aktionsprogramm“ mit dem Titel „Aufholen nach Corona“, 158 Millionen Euro flossen gemäß Aufteilung nach Bayern.

Doch die Gelder wurden bisher nur zu einem kleinen Teil auch tatsächlich verwendet, kritisiert der FDP-Abgeordnete Matthias Fischbach. Von den 132,3 Millionen Euro, die Bayern im Jahr 2022 zustehen, wurden bisher lediglich 31,8 Millionen Euro tatsächlich eingesetzt, ergibt sich aus der Antwort des Kultusministeriums auf mehrere Anfragen Fischbachs. Bayern hat dafür das Programm „Gemeinsam Brücken bauen“ konzipiert. „Das Corona-Aufholprogramm ist in diesen Sommerferien völlig versandet“, sagt der bildungspolitische Sprecher seiner Fraktion. In den vergangenen Sommerferien habe es noch hunderte sogenannte Sommerschulen für Schüler gegeben, die Lernrückstände aufholen wollen. Dabei unterrichteten Freiwillige, etwa Studenten, einzelne Kinder auf Honorarbasis. In diesem Jahr finde man sie kaum noch.

Die Möglichkeit der Sommerschulen gibt es zwar weiterhin, wie ein Ministeriumssprecher erklärt. Zahlen, wie viele Sommerschulen real stattfinden, liegen aber nicht vor. Fischbach vermutet, dass das Ministerium den Fokus auf andere Dinge richtet: Es sei ja schon immens schwierig, Lehrkräfte für die ukrainischen Schüler zu finden – es gebe schlicht kein Personal mehr, auch noch Corona-Brückenkurse in den Ferien zu organisieren.

Dass die Schüler durch die Corona-Fehlzeit Wissenslücken haben, steht für Fischbach außer Frage. Freilich sei es je Jahrgang unterschiedlich. Am stärksten betroffen sei wohl die Mittelstufe, vermutet der Abgeordnete. Heutige Achtklässler seien ab der 6. Klasse wiederholt von längeren Schulschließungen betroffen gewesen – stärker als beispielsweise Grund- oder Abschlussschüler. Wie viel Wissen ist Schülern während der Corona-Pandemie verloren gegangen, ist indes schwierig zu ermitteln. In Deutschland gab es bis Mai 2021 insgesamt 183 Tage mit teilweisen oder vollständigen Schulschließungen, zeigt eine Statistik des Ifo-Instituts. Nur in Polen (273) gab es mehr Tage ohne Schule, in Schweden zum Beispiel wesentlich weniger (31). Ein weiteres Indiz: der IQB-Bildungstrend vom Juli dieses Jahres. Die Leistungen von Viertklässlern in Deutsch und Mathe sind demnach schlechter geworden. Noch fehlt eine Auswertung nach Bundesländern, doch Fischbach vermutet, dass auch in Bayern die Schüler nachgelassen haben. Das müsse verstärkt gemessen werden, etwa durch bayernweite sogenannte VERA-Vergleichsarbeiten in der 3. und 8. Klasse, wie sie das Landesamt für Schule in Bayern jährlich von allen Schulen einfordert. Bisher war das so, in diesem Jahr indes waren die Vergleichstests rein freiwillig.

Dass bisher nur ein Teil der Mittel abgerufen seien, bestätigt das Kultusministerium. Das sei aber nur eine „Momentaufnahme“. Das Programm laufe bis Ende des Schuljahrs 2022/23 weiter. Außerdem sei das Programm „Brücken bauen“ nur ein Teil der Bemühungen, pandemiebedingte Lernrückstände abzubauen. Es gebe weitere 170 Millionen Euro Landesmittel etwa für Sprachförderung durch Drittkräfte oder die pädagogisch-psychologische Unterstützung von Schülern.

Fischbach warnt indes, diese Etats zu vermischen. Er hat den Verdacht, dass die Bundesgelder im allgemeinen Haushalt des Ministeriums versickern könnten. Der Bund müsse die Verwendung der Gelder strikt kontrollieren – doch ob das geschehen werde, daran habe er Zweifel.

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