Forstumbau mit Methusalembäumen

von Redaktion

VON KILIAN PFEIFFER

Berchtesgaden – Der Stamm des Baumes ist enorm. Das sieht der Förster auf den ersten Blick. Der Baum steht an einer Weggabelung unweit des Hintersees, am Anfang des Zauberwaldes. „Könnte ein Methusalembaum sein“, schätzt Vinzenz Bader. Bader ist Förster im Staatswald. Zusammen mit dem Leiter des Forstbetriebs Berchtesgaden, Daniel Müller, inspiziert er 28 500 Hektar Wald, der sich über das Berchtesgadener Land, den Rupertiwinkel, bis in den östlichen Chiemgau hinein erstreckt.

Daniel Müller zückt ein Maßband und legt es um den enormen Stamm. „104 Zentimeter“, sagt der Forstbetriebsleiter, Punktlandung. „Sie haben ein gutes Auge“, lobt er den Förster. Als Methusalembäume werden Bäume ab einem Durchmesser von 100 Zentimetern bezeichnet. Sie dürfen nicht gefällt werden, weil sie mitunter vielen Arten als Lebensraum dienen, heißt es bei den Bayerischen Staatsforsten. Nur wenn vom Baum direkte Gefahr ausginge, käme er weg. Trotz der Mächtigkeit der Tanne und obwohl sie ziemlich weit in den Himmel hoch ragt, bedeutet das nicht, dass sie übermäßig alt ist: „Rund 200 Jahre“, schätzt Daniel Müller. Die Tanne umzuschneiden, wäre „ökologisch nicht gerechtfertigt“.

Die Wälder im Berchtesgadener Land sind in den vergangenen Jahrhunderten von den Bedürfnissen der Salinenwirtschaft geprägt worden. Um die Sudpfannen dauerhaft und optimal mit Brennholz zu versorgen, wurde die im Bergmischwald heimische Fichte zu Lasten der Baumart Buche gefördert, weiß Müller. Einstmals überhöhte Wildbestände ließen den Anteil der Tanne in Mischwäldern deutlich sinken. „Um die Staatswälder wieder fit für die Zukunft zu machen, arbeiten die Bayerischen Staatsforsten seit Langem an einem Waldumbau“, so der Leiter der Forstbetriebs. Auch im Zauberwald lässt sich das beobachten. Dort überwiegt die Fichte. „Wir wollen hier künftig aber einen Bergmischwald haben.“ Von unten, am Boden, sprießt der Laubwald. Weil aber zu wenig Licht durch die Baumkronen einfällt, haben die nachwachsenden Bäume kaum eine Chance, groß zu werden.

Die beiden Förster haben die Sorge, dass ihr Ziel nur schwer zu erreichen ist. „Unser Credo ist: Wir setzen nicht alles auf eine Baumart, sondern auf mehrere“, sagt Vinzenz Bader. Während die Fichte sonnige Standorte bevorzugt und als Lichtbaumart gilt, kann eine Buche auch im Halbschatten wachsen, wird dann normalerweise aber nicht ganz so groß.

Tannen haben nur ein geringes Lichtbedürfnis, benötigen aber einen tiefgründigen und lockeren Boden für ihre lange Pfahlwurzel. Etliche Bäume sind farbig markiert. Die roten Linien an der Rinde stehen für „Entfernung“, die blauen für „Zukunftsbaum“. Ein Großteil mit rotem Merkmal sind Fichten. „Wenn die weg sind, bekommen der Boden und die anderen Bäume wieder mehr Licht“, weiß Förster Vinzenz Bader. Mit zusätzlichem Lichteinfall ist die Chance groß, dass der vorhandene Laubwald von unten besser gedeihen kann. „Gefühlvoll mit Licht und Schatten spielen“, so beschreibt es der Jungförster.

Im Forstbetrieb Berchtesgaden ist man mit Holz reich gesegnet. Der jährliche Zuwachs beträgt 150 000 Festmeter. Der jährliche Hiebsatz liegt bei 103 000 Festmetern. Es wächst also mehr Holz nach, als entnommen wird, sagt Müller. So wird nachhaltig gewirtschaftet.

Vor fünf Jahren fand die letzte Waldinventur statt. Dabei wurden 100 000 Bäume vermessen: Standort, Höhe, Durchmesser. „Bäume wachsen langsam.“ Es wird noch dauern, bis Ergebnisse zu sehen sind.

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