München – Die Sommerferien neigen sich dem Ende zu. Am 13. September startet die Schule im Freistaat wieder. Aber stehen für das kommende Schuljahr überhaupt genügend Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung? „Belastbare Angaben, wie sich die Unterrichtsversorgung zu Beginn des Schuljahres darstellen wird, sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich“, erklärte ein Sprecher des bayerischen Kultusministeriums. Denn bis zum Schulstart gebe es „erfahrungsgemäß wie jedes Jahr noch etlichen Schwankungen“ wie Schwangerschaften oder Erkrankungen bei den Lehrkräften.
Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) schlägt aber bereits Alarm. In den Grund-, Mittel- und Förderschulen herrsche „ein noch nie da gewesener Lehrermangel“, erklärt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann unserer Zeitung.
Die Personalplanung für kommendes Schuljahr stellt das Kultusministerium vor eine besondere Herausforderung: Wegen der Corona-Pandemie seien etwa vergangenes Schuljahr knapp 3000 Schwangere ausgefallen, weil sie wegen des Infektionsrisikos nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden konnten. Außerdem rechnet das Kultusministerium für kommendes Jahr mit rund 30 000 zusätzlichen ukrainischen Schülern. Derzeit laufe „die Personalplanung und Personalgewinnung hierfür auf Hochtouren“, kündigte am Freitag ein Ministeriumssprecher an.
„Was soll denn passieren in zwei Wochen?“, fragt sich Fleischmann. Stand jetzt drohe, dass Fächer gestrichen, die Klassen groß und Hauptfächer nicht mehr von Lehrern unterrichtet werden. Womöglich könnte sogar eine Vier-Tage-Woche an Bayerns Schulen kommen.
Auch von der Opposition hagelt es Kritik. „Dass noch immer unklar ist, wie viele Lehrer fehlen, ist eine Hiobsbotschaft“, sagt Max Deisenhofer von den Landtags-Grünen. Der Politiker fordert einen „echten Notfallplan mit kreativen Lösungen“. Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Simone Strohmayr, nennt die „Ahnungslosigkeit“ über den Lehrermangel ein „Armutszeugnis“. Ihre Forderung: Lehrkräfte sollen endlich gleich bezahlt werden.
Vom Kultusministerium heißt es bislang, dass zum vergangenen Schuljahr über 4600 Lehrkräfte eingestellt worden seien. Zudem seien für die zusätzlich erwarteten ukrainischen Kinder bereits kurzfristig 1620 Vollzeitkapazitäten geschaffen worden. Der Lehrermarkt sei aber bundesweit angespannt. Wegen des Lehrerbedarfs vor allem an Mittel- und Förderschulen setzt Bayern dort inzwischen ohnehin auch auf Quereinsteiger.
In dieser angespannten Situation fordert der BLLV ein Zugeständnis der Politik: „Wir brauchen eine Staatsregierung, die uns den Rücken stärkt, indem sie die Erwartungen der Bevölkerung an die Schulen in Bayern herunterschraubt“, sagt Fleischmann. Denn durch den Personalmangel werden künftig „ganz unterschiedliche Schulmodelle gefahren“.