München – Manch einer mag sich in seinen Vorurteilen über Lehrer bestätigt sehen. Aber selbst Philologenverbandschef Michael Schwägerl gibt gerne zu, dass der Staat den Lehrern bei der Arbeitszeitgestaltung weit entgegenkommt. Gymnasiallehrer dürfen (anders als Grund- und Mittelschullehrer) ohne Weiteres Teilzeit beantragen, die auch genehmigt werden muss. Nur in den Mangelfächern Kunst, Physik und Informatik ist das derzeit beschränkt. Weiteres Zugeständnis: Für schwangere Lehrerinnen gibt es auch in diesem Schuljahr anders als etwa in Österreich wegen der Corona-Pandemie ein Betretungsverbot. Sie können nur digital arbeiten, sind für den Schuldienst nur eingeschränkt verwendbar. Knapp 3000 Frauen betrifft das derzeit.
Im Ergebnis aber stellt der Staat zwar immer mehr Lehrer ein – doch dieses Plus an Personal wird durch den Umstand, dass immer mehr Lehrer nur Teilzeit arbeiten, wieder aufgezehrt. Es gibt Lehrermangel. Das gibt auch das Kultusministerium zu, das verstärkt um die Reaktivierung bereits pensionierter Lehrkräfte wirbt. Wie brisant das im neuen Schuljahr wird, ist noch nicht absehbar. Gravierende Probleme gibt es, wie Schwägerl zugibt, vor allem an den Grund- und Mittelschulen. In einigen Landkreisen sind schon Sport- und Förderstunden gekürzt worden. Aber langfristig drohe sich der Personalmangel auch am Gymnasium zu verschärfen, zumal 2025/26 das G9 die 13. Jahrgangsstufe erreicht und dann ein Schülerjahrgang mehr unterrichtet werden muss als noch zu G8-Zeiten.
Der Philologenverband sieht das Problem vor allem bei den Teilzeitkräften. „Früher waren die Vollzeit-Lehrer mit ihren 23 Unterrichtsstunden deutlich in der Überzahl“, sagt Peter Stegmann, stellvertretender Schulleiter am Johann-Schöner-Gymnasium Karlstadt. Jetzt sind es die Teilzeit-Lehrer. „Wir müssen erreichen, dass Teilzeitkräfte verstärkt wieder Vollzeit unterrichten“, sagt der Lehrer.
Derzeit gibt es indes eher die gegenteilige Entwicklung: Eine Umfrage unter 5000 Mitgliedern zeigt, dass ein Drittel der Vollzeit-Lehrer über eine Reduzierung ihrer Stundenzahl nachdenkt oder dies schon beantragt hat. Umgekehrt denken aber nur 16 Prozent der Teilzeitkräfte über eine Aufstockung nach, ein Viertel hingegen will noch weiter reduzieren. Die Gründe sind vielfältig, sagt Petra Schwärzler-Brunner, Lehrerin am Gymnasium in Amberg und selbst in Teilzeit. Die meisten Klagen gibt es über zu viel Verwaltungsaufwand, auch Digitalisierung ist zeitraubend und kräftezehrend. 76 Prozent der Befragten halten sie für eine Herausforderung. Der Philologenverband fordert auch mehr EDV-Kräfte und Verwaltungsangestellte, um Lehrer von fachfremden Tätigkeiten zu entlasten. Allerdings bevorzugen viele Lehrer auch schlicht eine „gesunde Work-Life-Balance“ und reduzieren ohne weitere Gründe ihre Arbeitszeit.
Verbandschef Schwägerl, schon lange im Geschäft und mit gutem Draht ins Kultusministerium, hat von unangenehmen Schubladen-Plänen gehört. Demnach könnte bei der sogenannten Antrags-Teilzeit eine Stunden-Untergrenze eingezogen werden. Die Gefahr bestehe – und dem müsse man vorbauen.