Nördlingen – Vor 52 Jahren war Alan Shepard, genannt „Al“, zu Besuch im Nördlinger Ries. Sein Beruf: Astronaut. Er war der erste Amerikaner im All und der fünfte Mensch auf dem Mond. Als er 1971 den Trabanten betrat, sagte er: „Al ist auf der Oberfläche, und es war ein weiter Weg, aber wir sind hier.“ Die Mission hieß „Apollo 14“ und Shepard hatte außergewöhnliches Gepäck dabei. Seinen Golfschläger, ein Eisen 6. Auf dem Mond packte er es aus und schlug wegen des sperrigen Raumanzugs einhändig ein paar Bälle. Shepard, Jahrgang 1923, gilt als als erster Golfspieler auf dem Mond.
Den Grundstein für dieses Kunststück hat er in Bayern gelegt. Kurz vor der Mondmission schickte die Nasa ihre Astronauten in den Landkreis Donau-Ries. Dort im Nördlinger Ries gibt es einen gigantischen Krater, der vor 14 Millionen Jahren durch einen Asteroiden-Einschlag entstanden ist. Es ist der perfekte Trainingsplatz für zukünftige Mondbesucher.
Auch der deutsche Astronaut Alexander Gerst (46) hat sich jetzt dort angemeldet. Gemeinsam mit Stephanie Wilson (55) von der Nasa hat er gerade ein mehrwöchiges Trainingsprogramm begonnen, das die beiden auf eine Mondmission vorbereiten soll. Auf dem Programm steht die Auswahl eines geeigneten Landeplatzes für die „Artemis“-Mission und die Planung von Arbeiten auf der Mondoberfläche. Der Kurs beginnt in der Bletterbachschlucht in den Dolomiten. Hier steht die Geologie des Mars und von Asteroiden auf dem Lehrplan. Ab dem 12. September sind die beiden im Nördlinger Ries. Sie sollen lernen, wie man in mondähnlichem Terrain wissenschaftlich arbeitet, wie man Gesteinsproben nimmt oder geologische Erkenntnisse den auf der Erde zurückgebliebenen Kollegen übermittelt.
Roland Eichhorn ist Leiter des Geologischen Dienstes am Bayerischen Landesamt für Umwelt. Er ist so was wie Bayerns oberster Geologe – und er freut sich, dass im Ries womöglich mal wieder Raumfahrt-Geschichte geschrieben wird. Es gibt keinen besseren Ort in Deutschland für jemanden, der auf den Mond fliegen will, als die Gegend rund um die Stadt Nördlingen, sagt er. „Das ist der einzige Ort in Deutschland, der mit echtem himmlischem Beistand geschaffen worden ist.“ Man kann hier Kraterstrukturen begutachten, die es auch auf dem Mond geben wird. Nach dem Asteroiden-Einschlag sind hier in Bayern besondere Steine entstanden. „Das Gebiet ist berühmt für den sogenannten Schwabenstein“, sagt Eichhorn. Das sind Gesteine, Fachbegriff Suevit, die nur unter extrem hohem Druck und extremen Temperaturen zustande kommen. Der Turm der Nördlinger Kirche besteht zum Beispiel aus Suevit. Auch das ziemlich einzigartig. Wie eine Reise zum Mond.
Ob Gerst tatsächlich losfliegen wird, es steht noch in den Sternen. Die bemannte „Artemis“-Mission soll frühestens 2025 starten. Der deutsche Geophysiker, Vulkanologe und frühere ISS-Kommandant gilt allerdings als aussichtsreicher Kandidat. Die Amerikanerin Stephanie Wilson wäre die erste Frau, die die Mondoberfläche betritt.
Geht es nach Roland Eichhorn, dann sollte der Deutsche unbedingt fliegen. „Es erfüllt jeden Geologen mit Stolz, wenn jemand etwas Außerirdisches erleben und die Gesteine dort in die Hand nehmen darf“, sagt er. Nur auf den Golfschläger sollte Gerst vielleicht verzichten. Das führt nur zu Problemen. Shepard behauptete, sein Golfball sei „miles and miles and miles” geflogen. Meile um Meile um Meile. Jahrzehnte später haben Experten mithilfe hochauflösender Mond-Bilder nachgemessen. Es waren 37 Meter. Shepard, der Übungs-Astronaut vom Nördlinger Ries, wurde zumindest in dieser Hinsicht als Hochstapler überführt.