Fürth – Ein Sattelzug donnert eine Wohnstraße in Fürth herunter, rammt Autos, beschädigt Häuser und geht in Flammen auf. Menschen werden verletzt. Später stellt sich heraus: Der Fahrer war stark betrunken. Vor Gericht räumte der 51-Jährige am Montag die Vorwürfe ein. An große Teile der fast 180 Meter langen Verwüstungsfahrt könne er sich aber nicht erinnern.
Die Trunkenheitsfahrt des Lkw-Fahrers am Abend des 8. Februars hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Den Ermittlungen zufolge hatte der türkische Fahrer des mit 26 Tonnen schweren Stahlteilen beladenen Sattelzugs erst ungebremst eine rote Ampel überfahren und war auf der Kreuzung in ein Auto gekracht. Die Fahrerin wurde verletzt. Mit Tempo 70 rammte er dann etliche parkende Autos und schob diese zum Teil in die Fassaden der Häuser. Ein Fußgänger musste sich mit einem Sprung über eine Motorhaube retten.
Schließlich verkeilte sich der Sattelzug mit mehreren Fahrzeugen und kam vor einem Mehrfamilienhaus zum Stehen. Dort ging der Lkw in Flammen auf, die auf ein Mehrfamilienhaus übergriffen. Mehrere Bewohner mussten sich mit Leitern über eine Mauer im Hinterhof retten, weil die Haustür wegen des Feuers versperrt war. Anwohner halfen dem Lkw-Fahrer aus der Fahrerkabine und hielten ihn fest, bis die Polizei eintraf. „Das war Chaos. So was habe ich noch nie gesehen“, sagte ein Polizist vor Gericht. „Die ganze Straße lag in Trümmern“, ergänzte einer seiner Kollegen.
Fünf Verletzte, mehr als 30 demolierte Autos, beschädigte Häuser und ein Gesamtschaden von etwa 800 000 Euro – das waren laut Staatsanwaltschaft die Folgen der Verwüstungsfahrt. Der Angeklagte habe seine Fahruntüchtigkeit aufgrund seines Alkoholkonsums erkennen können und müssen, sagte Staatsanwalt Danny Schaller. Er wirft dem 51-Jährigen unter anderem Gefährdung des Straßenverkehrs, fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Brandstiftung vor. Technische Mängel am Sattelzug hatte ein Sachverständiger als Unfallursache zuvor ausgeschlossen. Der Angeklagte sitzt seit Februar in Untersuchungshaft.
Vor Gericht gab er zu, Fehler gemacht zu haben, und entschuldigte sich bei den Geschädigten. „Er würde alles dafür tun, es ungeschehen zu machen“, sagte seine Verteidigerin Mona Abdel Hamid. Ihr Mandant habe am Nachmittag des 8. Februars Wodka getrunken – aus Kummer über die Krebserkrankung seiner Frau. Er habe geplant, in Fürth zu übernachten. Er habe dann aber den Stellplatz räumen müssen und habe nur bis zum nächsten Parkplatz fahren wollen. Er habe seine Alkoholisierung bemerkt, aber gedacht, es gehe schon. Nach Einschätzung des Gutachters befand er sich zur Tatzeit in einem emotionalen Ausnahmezustand. Deshalb und wegen des hohen Alkoholwerts in seinem Blut von mehr als zwei Promille sei seine Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen.
6,5 Kilometer fuhr der Sattelzug, bis es der Anklage zufolge zum ersten Unfall auf der Kreuzung kam. Ein Zeuge berichtete vor Gericht, wie er gesehen habe, dass dieser zuvor Schlangenlinien gefahren sei. Verteidigerin Abdel Hamid sagte, ihr Mandant habe einen Knall wahrgenommen, sei aber weitergefahren. „Ab da sind seine Erinnerungen verschwommen beziehungsweise weg.“ Die Fahrerin des Wagens, den der Sattelzug auf der Kreuzung rammte, schilderte vor Gericht, wie plötzlich Lichter von links auf sie zukamen. Dann wurde sie zur Seite geschleudert und sei kurz vor einer Hauswand zum Stehen gekommen. Sie habe Prellungen erlitten und noch viele Wochen Schmerzen gehabt, sagte die Rentnerin. Bis heute könne sie nicht begreifen, wieso der Fahrer nach der Kollision nicht stehen geblieben sei. „Das habe ich mich immer wieder gefragt.“ Der Angeklagte antwortete darauf: „Ich kann mich wirklich nicht erinnern.“
Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt.