Bayern verliert einen Gletscher

von Redaktion

Der Südliche Schneeferner auf der Zugspitze ist nur noch ein kümmerlicher Rest

Garmisch-Partenkirchen – Nach dem heißen Sommer verliert der Südliche Schneeferner nun seinen Status als Gletscher. Das teilte die Bayerische Akademie der Wissenschaften mit. Aufgrund der geringen Eisdicke sei dort keine Eisbewegung mehr zu erwarten; damit sei der Südliche Schneeferner nicht länger als eigenständiger Gletscher zu betrachten.

Damit gibt es in Deutschland nur noch vier Gletscher, die ebenfalls stark vom Abschmelzen bedroht sind. Auch das Eis der anderen vier Gletscher – Nördlicher Schneeferner und Höllentalferner an der Zugspitze sowie Blaueis und Watzmanngletscher in Berchtesgadener Alpen – war in diesem Sommer weiter geschmolzen.

Neue Georadar-Messungen von Mitte September zeigten das große Ausmaß des Verlustes am Südlichen Schneeferner, teilten die Wissenschaftler mit. „Die Eismächtigkeit des Schneeferners hat in weiten Bereichen deutlich abgenommen und erreicht an den meisten Stellen nicht einmal mehr zwei Meter“, erklärten die Glaziologen Christoph Mayer, Wilfried Hagg und Till Rehm. „Selbst an der tiefsten Stelle beträgt die Eisdicke inzwischen weniger als sechs Meter, im Vergleich zu etwa zehn Metern in 2018.“ Daraus lasse sich schließen, dass das verbleibende Eis innerhalb der kommenden ein bis zwei Jahre vollständig abschmelzen werde. Zugleich habe sich die Gletscherfläche seit 2018 auf weniger als einen Hektar halbiert. Zum Vergleich: Um 2015 waren es noch knapp vier Hektar. Früher waren Südlicher und Nördlicher Schneeferner sowie Höllentalferner an der Zugspitze ein großer Gletscher namens Plattachferner, wie Inga Beck, Sprecherin der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus, erläuterte. Er soll zeitweise eine Ausdehnung von etwa 300 Hektar gehabt haben. Zum Vergleich: Der Höllentalferner, der sich bisher recht gut hielt, hatte 2018 noch 16,7 Hektar. Die Akademie teilte mit, dass die langjährigen Vermessungen, die seit 1892 stattfinden, am Südlichen Schneeferner nun eingestellt werden.

Schrumpfprozesse an den Gletschern gibt es auch anderswo. Nach Daten der Universität Innsbruck hat etwa der sieben Quadratkilometer große Hintereisferner im Ötztal, einer der größten Gletscher Österreichs, dieses Jahr fünf Prozent seines Volumens verloren. Glaziologe Olaf Eisen vom Alfred-Wegener-Institut sagt: „Es passiert schneller, als wir dachten. Vielleicht wacht der Rest der Republik jetzt auf und versteht, auf welchem Weg wir hinsichtlich der Klimakrise gerade sind – und welche Auswirkungen das in Deutschland haben wird.“

Erst im vergangenen Jahr hatte ein Expertengremium seine Prognose für die den Gletschern verbleibende Zeit von zuvor 30 auf nur noch rund 10 Jahre zurückgenommen – selbst das scheint nun überholt. Neben der extremen Hitze des Sommers spielte in diesem Jahr der Saharastaub eine Rolle: Unter dem dunklen Staub taute das Eis noch schneller.  mm/lby

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