Moosach – Noch vor ein paar Jahren hat die Gemeinde Moosach im Kreis Ebersberg zwischen 70 000 und 80 000 Liter Heizöl verfeuert. „Das wäre jetzt ein Wahnsinn“, sagt Bürgermeister Michael Eisenschmid (42). Der Heizölpreis im Bundesdurchschnitt Stand gestern: 1,59 Euro pro Liter. Doch Moosach hat vor einigen Jahren die beste Entscheidung in der Dorfgeschichte getroffen. Moosach, 1500 Einwohner, ist Bioenergie-Dorf.
Was heißt das? Bioenergie-Dörfer decken ihren Energiebedarf zu mindestens 50 Prozent aus regional erzeugter Biomasse, die meist von Landwirten in der Umgebung kommt. Rund 170 solcher Dörfer sind bei der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe gelistet (siehe Kasten). Doch ihre Zahl ist den Fachleuten zufolge wohl höher.
In Moosach wird die Wärme für Rathaus, Feuerwehrhaus, Mehrzweckhalle, Schule und Mittagsbetreuung seit Ende 2018 vor Ort erzeugt –aus einem Mix aus Sonne und Holz. Von April bis Oktober mit einer Solarthermieanlage, von November bis März mit Hackschnitzeln. Und nicht nur die Gemeinde heizt regional: 80 Haushalte hängen an dem 4,4 Kilometer langen Nahwärme-Netz, es werden immer mehr: „In 14 Tagen schließen wir wieder vier Häuser an“, sagt Eisenschmid, der privat auch angeschlossen ist. Die Nachfrage sei groß. Klar: Vor dem Winter müssen sich die Nutzer der Nahwärme im Bioenergie-Dorf Moosach nicht fürchten, selbst wenn es bitterkalt wird. Die Hackschnitzelheizung wird mit Holz aus der Umgebung betrieben – da gibt es keine gefährdeten Lieferketten. „Aus der Region für die Region, das ist es, was die Leute wollen“, sagt Eisenschmid. Und der Wärmepreis von netto 5 Cent je Kilowattstunde ist deutlich günstiger als der Ölpreis. Auch wenn der Preis für Hackschnitzel derzeit anzieht – im Vergleich zu explodierenden Gaspreisen anderswo ist das moderat. „Anfangs war es so kalkuliert, dass es bei einem Ölpreis von 80 Cent plusminus null aufgeht“, sagt Eisenschmid. Für die privaten Haushalte brachte der Anschluss zunächst keinen finanziellen Vorteil – höchstens, weil sich die Hausbesitzer die ohnehin nötige Anschaffung eines neuen Ölbrenners sparten. Doch die Energiekrise gibt dem Projekt Schwung – und der Gemeinde Recht, auch wenn die 1,5 Millionen Euro Schulden für das Netz ganz schön gewaltig sind für den kleinen Ort. „Dass es sich so schnell lohnt, hätten wir nicht gedacht“, sagt Eisenschmid.
In Moosach ist man ehrgeizig: „Wir wollen alle anschließen, die anschließen wollen.“ Doch der Ukraine-Krieg wirkt sich auch auf den Ausbau des Wärmenetzes aus – Rohstoffe fehlen, Firmen haben Schwierigkeiten, Aufträge zu erfüllen. Der Anschluss der vier Wohngebäude Ende Oktober war laut Eisenschmid bereits für April geplant.
Betreibergesellschaft und somit Pächter des Moosacher Wärmenetzes ist die NNaturstrom AG. Das Unternehmen mit Sitz in Düsseldorf registriert ebenfalls „eine erhöhte Nachfrage“ – allerdings nur für Anschlüsse an Nahwärmenetze, die es schon gibt. „Für die Neuentwicklung von Nahwärme-Netzen ähnlich dem Bioenergie-Dorf Moosach zeigt sich dieser Trend nicht“, teilt eine Sprecherin mit. Das könne daran liegen, dass viele Kommunen durch das Chaos auf den Energiemärkten verunsichert sind.
Die Naturstrom AG betreut aber auch kleinere Projekte: Mietshäuser mit Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und einem Blockheizkraftwerk im Keller – alle Mieter beziehen ihre Energie direkt vom Dach. In Geretsried, Unterhaching, Putzbrunn, Taufkirchen und Höhenkirchen-Siegertsbrunn laufen solche Anlagen schon. Vermutlich kommen noch weitere hinzu – vielleicht schneller, als noch vor Kurzem gedacht. mit dpa