Daniel Hirsch (62) ist ein Bergguru. Wann immer es geht, grast er die Gipfel südlich von München ab. Nicht auf Normalrouten, sondern oft weglos. Das beschreibt er fachkundig in seinem Internet-Blog bergheimat.de – ein Gespräch über Schönheit und Gefahren der Berge.
Wie suchen Sie Ihre Touren aus?
Entweder gehe ich dorthin, wo ich schon war, auf anderen Wegen. Oder ich schau einfach auf die Karte – wo es interessant sein könnte und wo ich noch nicht war. Dann schau ich, dass ich Wege raufgehe, wo nicht gerade alle rauf gehen. Mir ist es langweilig, wenn ich auf dem Weg bleibe.
In Ihrem Blog beschreiben Sie die Touren mit vielen Fotos. Ist es Ihr Ziel, dass andere das nachmachen?
Gerne. Aber bei Touren, die etwas schwieriger sind, füge ich eine Warnung hinzu. Sicher ist sicher.
Sie gehen durch wegloses Gelände – geradeaus hoch.
Ja, ich möchte natürlich nicht, dass da Hinz und Kunz auch raufwackeln.
Wie orientieren Sie sich im weglosen Gelände?
Meist über alpenvereinaktiv.com – das habe ich auf dem Handy. Wanderkarten auf Papier nehme ich nicht mehr mit, das war früher einmal.
Blick auf eine Ihrer letzten Touren: zum Hennenkopf bei Linderhof von Norden her – „Keine Wanderung“ und Totenköpfe stehen dabei. Reicht das zur Abschreckung?
Mei, letztendlich ist jeder selbst für sein Tun verantwortlich. Und umdrehen kann man ja immer, wenn man meint, oh, das schaut jetzt aber gefährlich aus. Ich finde die Wege, weil ich mich auskenne – ich bin ja seit 40 Jahren unterwegs. Es gibt auch Leute, die kaufen sich ein Auto mit 300 PS, denen kann man es auch nicht verbieten.
Welche Rückmeldungen bekommen Sie?
Eigentlich nur positive. Allerdings muss ich zugeben, dass mich auch schon mal Ranger vom Naturpark Ammergebirge angerufen haben – und mich baten, etwas zu löschen. Der Anlass war, dass ich weglos über die hintere Falkenwand den Rappenkopf raufging, das ist südlich vom Kofel bei Oberammergau. Das wird nicht gerne gesehen. Natürlich habe ich die Bitte der Ranger befolgt.
Haben Sie sich schon mal verirrt?
Einmal, das ist aber schon 30 Jahre her. Ich war weglos auf die Hochplatte in den Ammergauer Alpen von Süden her unterwegs. Wegen Nebel verlor ich echt die Orientierung. Letztendlich habe ich aus eigener Kraft rausgefunden. Mittlerweile bilde ich mir schon ein, dass ich eine gewisse Nase für die Touren habe, und ich gehe ja nicht schnurgerade rauf, wenn da eine rutschige Felswand ist.
Neulich sind Sie weglos auf den Kofel – auf einem Foto sieht man Sie ohne Seil und Helm klettern.
Das sieht auf den Bildern wilder aus, als es ist. Aber natürlich sollte man klettern können bis zum 5., 6. oder 7. Schwierigkeitsgrad – sonst bitte nicht.
Faustregeln für den Otto Normalwanderer?
Normale Wanderer sollen sich Wanderbücher kaufen, auf den Wegen bleiben und die beschriebenen Touren nachgehen. Das Wetter muss man im Auge haben, eine Zeitreserve einplanen und man muss fit sein. Und nicht selbstmörderisch an die Sache rangehen.
Wo sind Sie unterwegs?
Meist südlich von München. Das Schlimmste ist mittlerweile die Autofahrt, das nervt. Ich suche mir die Touren mittlerweile nach dem Verkehr aus, später als halb sechs brauchst du nicht losfahren, wenn du über die Salzburger Autobahn musst. Und ich vermeide Parkgebühren, es regt mich tierisch auf, dass man überall abgezockt wird.
Die Bahn ist keine Alternative?
Nein, dafür sind meine Touren doch zu abgelegen.
Sie nehmen auch oft das Mountainbike mit.
Ja, weil die unteren Hatscher sind doch langweilig. Ich fahre ja oft nach der Arbeit noch in die Berge, da habe ich natürlich nicht Lust, in den unteren Gefilden, wo alles gleich ausschaut, Zeit zu vergeuden.
Was sind Sie von Beruf?
Ich war Offset-Drucker, habe dann umgeschult auf Altenpfleger. Jetzt aber bin ich bei der Müllabfuhr in München. Ich bin wohl einer der wenigen, die noch richtig körperlich arbeiten, und ich bin früh fertig und habe Zeit für die Berge.
Das Gespräch führte Dirk Walter