Boateng ab morgen wieder vor Gericht

von Redaktion

Berufungsprozess wegen des Vorwurfs der Körperverletzung – Urteil für Freitag erwartet

München – Es war eine Marathon-Verhandlung: Nach einem mehr als zehn Stunden langen Prozesstag verurteilte das Amtsgericht München Jérôme Boateng im September 2021 wegen Körperverletzung. Doch das Urteil war nicht rechtskräftig.

An diesem Donnerstag muss Boateng erneut im Münchner Strafjustizzentrum erscheinen: Dann beginnt vor dem Landgericht München I sein Berufungsprozess wegen des Vorwurfs der Körperverletzung im berüchtigten Saal 101, in dem das Amtsgericht ihn im September 2021 zu einer Geldstrafe von 1,8 Millionen Euro verurteilt hatte.

Der Richter sah es damals als erwiesen an, dass der langjährige Fußball-Nationalspieler, heute bei Olympique Lyon unter Vertrag, seiner Ex-Freundin bei einem Urlaub im Jahr 2018 ins Gesicht geschlagen hat. Weil dieser Urlaub in einem Luxusresort auf den karibischen Turks- und Caicosinseln stattfand, hat die Justiz das Verfahren, für das zwei Verhandlungstage angesetzt sind, „Karibik“ getauft.

Nicht nur Boateng hat gegen das Urteil aus dem vergangenen Jahr Berufung eingelegt, die Staatsanwaltschaft und seine Ex-Freundin, die in dem Verfahren als Nebenklägerin auftritt, auch.

„Wir erhoffen uns ein faireres Verfahren“, sagt Boatengs neuer Verteidiger Norman Nathan Gelbart. Das Amtsgericht hatte eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 000 Euro verhängt. 30 000 Euro sind zwar der höchstmögliche Tagessatz, Boateng ist damit aber nicht vorbestraft. Erst ab 90 Tagessätzen gilt man als vorbestraft.

Die Staatsanwaltschaft, die von gefährlicher Körperverletzung ausgeht, hatte im Verfahren eine Bewährungsstrafe von anderthalb Jahren und eine Geldauflage von 1,5 Millionen Euro gefordert, Boatengs damaliger Verteidiger Kai Walden einen Freispruch.

Nach seiner Verurteilung hatte Boateng seinen Anwalt ausgetauscht. „Die Verteidigung vertritt die Auffassung, dass in dem erstinstanzlichen Verfahren vor dem Amtsgericht München wichtige, Herrn Boateng entlastende Umstände nicht beziehungsweise nicht ausreichend gewürdigt wurden“, teilt der neue Anwalt Gelbart auf Anfrage weiter mit.

Das Bild, das Boatengs Ex-Freundin und Mutter seiner Zwillingsmädchen vor Gericht von ihrem früheren Partner zeichnete, war das eines Gewalttäters. „Mit dem Daumen hat er mein Auge so gegriffen“, sagte die Frau damals vor Gericht. „Er hat an meinen Haaren gerissen, mir dann in den Kopf gebissen.“ Angespuckt habe er sie. Auf die Knie sei sie dann gefallen, bevor er ihr so stark „in die Niere geboxt“ habe, dass sie keine Luft mehr bekommen habe. Der Vorfall sei nicht der erste dieser Art gewesen, aber der heftigste.

Boateng hatte die Vorwürfe vor Gericht abgestritten und den Ablauf anders geschildert. Geschlagen habe er seine Ex-Freundin nie. Ein Gutachter aber hielt eher die Version der Nebenklägerin für die wahrscheinliche, und dieser Einschätzung folgte dann auch das Gericht. Wie die zweite Instanz das Geschehen einschätzt, soll voraussichtlich am 21. Oktober feststehen. Dann könnte das neue Urteil fallen. BRITTA SCHULTEJANS

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