Landshut – An seinem ersten Arbeitstag, dem 15. April 1942, war Emil Mock eineinhalb Stunden zu früh in der Firma. Um sieben Uhr morgens stand der damals 14-Jährige im Büro der Münchner Bayernversicherung, obwohl der Tag für Lehrlinge erst um halb neun begann. „Ich bin ein ewig Eifriger“, sagt Mock und schmunzelt. Er sah die Menschen ins Gebäude strömen und kann sich noch gut erinnern, wie beeindruckend er das damals fand. Heute ist der Versicherungskaufmann 94 Jahre alt – und seit 80 Jahren im Dienst.
„Werden Sie Pflasterer, die brauchen wir“, hatte ein Berufsberater vorgeschlagen. Doch Mock hatte gute Schulnoten und entschied sich für die kaufmännische Ausbildung. 20 Jahre arbeitete er in München am Schreibtisch, dann schaffte er den Sprung in den Außendienst: „Dieser Wechsel war für mich richtungsweisend“, erinnert er sich. Und eine innere Bestätigung, denn Kollegen und Vorgesetzte hatten ihm prophezeit, er werde es im Versicherungswesen nie zu etwas bringen. Aber Mock konnte gut mit Menschen umgehen, die Kunden spürten, dass sie sich auf ihn verlassen und ihm ihr Geld anvertrauen konnten. Schon nach ein paar Monaten machte er Gewinne. „Ich handle mit der Sicherheit“, sagt Mock. 1962 machte er sich selbstständig, 1977 gründete er ein eigenes Versicherungsbüro in Landshut. Jungen Leuten rät er nach wie vor zu einer Rentenversicherung: „Sie sollten lernen, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen.“
„Er ist das Rückgrat der Firma“, sagt seine Tochter Andrea, die das Versicherungsbüro in Landshut mit zehn Mitarbeitern heute führt. Mocks Frau Elisabeth, ebenfalls tragender Teil der Agentur, starb überraschend vor fast drei Jahren. „Sie fehlt uns extrem, aber mein Vater ist sehr tapfer.“ Er steht nach wie vor um sechs Uhr auf und fühlt sich gut, auch wenn alles ein bisschen langsamer geht. Manchmal besucht er die Agentur: „Ich lass mich ab und zu sehen und red gscheid daher“, sagt er. „Er ist sehr diszipliniert, wie viele aus seiner Generation“, sagt seine Tochter.
Vor sechs Jahren erlitt er einen leichten Schlaganfall, aber Mock lässt sich nicht unterkriegen. Bis in seine Achtziger besuchte er noch Kunden, die letzten Jahre gemeinsam mit der Tochter. Inzwischen hat er sich aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen, doch sein kleines Büro zu Hause quillt über, die Post stapelt sich schon auf dem Esstisch: „Es tut mir gut, aber es ist zu viel“, gibt er zu. Tochter Andrea und Enkelin Carolin wohnen in unmittelbarer Nachbarschaft. Es hilft, dass alle zusammenhalten.
Wenn er an sein Familienunternehmen denkt, erfüllt ihn Dankbarkeit: „Ich spüre, es war nicht umsonst. Meine Arbeit wird fortgesetzt, und die jetzige Führung schätzt uns sehr.“
Zum Festakt in der Münchner Residenz hat ihn gestern auch der Vertriebsvorstand der Bayerischen Versicherungskammer Klaus Leyh begleitet, Mock wertete das als besonderes Zeichen der Anerkennung. Dann überreichte Arbeitsministerin Ulrike Scharf ihm seine vierte Urkunde. Drei hängen schon in der Landshuter Agentur. „Allmählich geht uns die Wandfläche aus“, sagt Andrea Mock und lacht. Emil Mock hat sich auch für die Ehrung gestern an sein Erfolgskonzept gehalten: Natürlich kam er wie immer überpünktlich. TINA SCHNEIDER-RADING