München – Ein unscheinbares Türschild in einer Straße im Münchner Stadtteil Haidhausen. Doch bei der „Safetec GmbH“ öffnet auch nach mehrmaligem Klingeln niemand. Hinter der Ein-Mann-Firma steht ein Münchner Arzt, der den renommierten Münchner Rechtsmediziner Prof. Matthias Graw schon seit geraumer Zeit mit Vorwürfen überzieht. Nach sicheren Informationen unserer Zeitung ist er auch Auftraggeber einer Untersuchung, mit der Graw als Plagiator überführt werden sollte.
Graw ist Vorstand des Instituts für Rechtsmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Als Gutachter wird er in vielen Fällen von Mord und Totschlag zu Rate gezogen – unter anderem auch beim Starnberger Dreifachmord.
Die Behauptung, er habe beim Erstellen seiner Doktorarbeit in den 1980er-Jahren abgeschrieben, hat seinen Ruf geschädigt.
Auftragnehmer der Untersuchung war der Salzburger Plagiatejäger Stefan Weber. Graw sollte, so der Verdacht, bei seiner Doktorarbeit einen Aufsatz, der in einem Sammelband in einem DDR-Verlag erschienen sein soll, plagiiert haben. In dem Sammelband waren angeblich Aufsätze aus einer rumänischen Wissenschaftstagung aus dem Jahr 1982 übersetzt veröffentlicht. Wie berichtet, hat sich dies als falsch herausgestellt: Der ganze Band mit über 300 Seiten ist eine Fälschung, die mit unfassbarem Aufwand hergestellt wurde. Die Ombudsstelle der Hamburger Universität, an der Graw einst promovierte, hat dies festgestellt. Und auch Plagiatejäger Weber sagt zum Fälschungsverdacht: „Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, es gibt keinen Zweifel.“ Weber hat sich mittlerweile bei Graw entschuldigt. Das Honorar, das er vom Auftraggeber seiner Nachforschungen erhielt, hat er nach eigenen Angaben zurückgezahlt.
Weber hat auf seiner Homepage viele Indizien für die Fälschung zusammengetragen. Unter anderem wurden Fotos aus dem Internet geklaut und der Vor- und Nachname einer rumänischen Ärztin, die in dem Band publizierte, verwechselt.
Mehr noch: Bei der Herstellung des Buches nahmen es die Fälscher nicht so genau. Das verwendete Papier ist laut Weber, der Buchhändler konsultierte, eindeutig jüngeren Datums. Auch ein Lesebändchen, das im Band enthalten ist, war in der DDR völlig unüblich. Weber nimmt an, dass ein Ghostwriter den Band fabriziert hat. Doch in wessen Auftrag? Das ist ungeklärt.
Vertrieben wurde der vermeintliche Wissenschaftsband ausschließlich über Ebay – nicht einmal in der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig war das Buch mit dem roten Einband zu finden. Auffällig auch: Der bis jetzt nicht identifizierte Ebay-Händler (angeblich aus Serbien) nahm das Buch am 17. Februar in den Verkauf – nur elf Tage später kontaktierte der Auftraggeber den Plagiatejäger.
Im Nachhinein erkennt Weber, dass er hätte misstrauisch werden müssen. Der Mediziner, der für unsere Zeitung nicht zu erreichen ist, hegt schon länger einen Groll gegen Graw. In der Münchner Rechtsmedizin war die Leiche seiner Mutter obduziert worden – zeitweise stand der Verdacht des Totschlags im Raum. Im August, als Weber seinen Verdacht gegen Graw schon öffentlich gemacht hatte, ging der Münchner Mediziner mit einem weiteren Vorwurf gegen Graw hausieren. In einer Boulevardzeitung erschien die Geschichte, nach der Graw einen Goldzahn der verstorbenen Mutter unterschlagen haben soll. Graw dementierte scharf – die Geschichte erschien trotzdem. Es passte ja nur zu gut ins Bild.
Graw will sich nicht dazu äußern, ob er rechtliche Schritte einleitet. „An öffentlichen Spekulationen beteiligt sich unser Mandant nicht“, teilte sein Anwalt mit.