KOLUMNE

VON SUSANNE BREIT-KESSLER Hüterin des Hauses

von Redaktion

Wer privat verreist oder dienstlich unterwegs ist, braucht jemanden zum Haushüten. Auch wenn es gar kein Haus ist, das man bewohnt, sondern eine Wohnung. Natürlich kann man Heim-, Blumen-, Katzen- und Wellensittichsitter über Agenturen mieten. Plattformen bieten Dienste vor allem von Studierenden an. Der Stundensatz beträgt mindestens 20 bis 30, manchmal 50 Euro bei komplexen und langwierigen Anfahrten. Wenn die, die ein fremdes Zuhause hüten, darin übernachten, den Swimmingpool nutzen, in der Hängematte schwingen, die Rosen vor Läusen beschützen und dem Hund die Diabetes-Tabletten ins Futter mischen, bekommen sie Tagessätze von Minimum 50 bis 100 Euro.

Mein Mann und ich hätten – mal abgesehen von den erheblichen Kosten – keinen Sinn für semi- oder ganz professionelle Betreuer unserer Wohnung. Die eigene Wohnung, selbst wenn man sie nur gemietet hat, keinerlei Reichtümer hortet oder diverse Haustiere aufzieht, ist etwas Besonderes. Sie ist die Burg, in die man sich aus den Umtrieben des Lebens zurückzieht. Darf da jeder rein? Menschen, die wir eigentlich gar nicht kennen – und die uns nicht? Nein. Die Hüterinnen unseres Zuhauses sind keine angemieteten „Sicherheitskräfte“ mit hohem Verantwortungsbewusstsein, Führerschein und einer Haftpflichtversicherung, sondern Freundinnen, die wir seit Jahrzehnten kennen. Ein Hoch auf sie! Sie leeren den Briefkasten, gießen die Blumen und beachten dabei deren individuelle Bedürfnisse. Unsere Haushüterinnen lüften, regulieren die Heizung nach oben, bevor wir zurückkommen. Sie betätigen die Rollläden, lassen Handwerker ins Haus und dirigieren sie ohne Nachfrage souverän. Sie sortieren die Post vor, damit jeder von uns nur den eigenen Stapel durchsehen muss und wir die Werbung gleich wegwerfen können. Sie sorgen sogar dafür, dass wir zu essen haben, wenn wir spätabends heimkehren – und zwar das, was wir mögen. Wir müssen keinen Zettel schreiben, damit wir liebevoll Brezn und Butter hingestellt bekommen.

Die Hüterinnen unserer Wohnung haben ein Argusauge auf uns und unsere Wohnung. Besonders schön: Sie setzen sich auch mal neben die Stofftiere, leisten ihnen Gesellschaft und holen ein Buch aus unserer Bibliothek, um darin zu schmö-kern. Sie beleben die Wohnung, die durch ihre Anwesenheit regelrecht weiteratmet. Wir bedanken uns auf unsere Weise: Durch besonders liebevoll ausgesuchte Souvenirs aus den Orten, an denen wir uns aufgehalten haben. Ich selbst bin durchaus fürs Haushüten zu haben. Demnächst übernehme ich mal wieder diverse Postfächer, Bananenstauden sowie große und kleine Fische. Aber nur solche im Aquarium.

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