Germering – Ist Busfahrer ein Job direkt aus der Hölle? Frank Ittenbach lacht. Der großgewachsene Endfünfziger sitzt im Besprechungszimmer der „Busverkehr Südbayern“, die am Stadtrand von Germering einen Betriebshof für Busse unterhält. Das Unternehmen fährt für den MVV mehrere Linien in Germering, Olching und Fürstenfeldbruck. Ganz so schlimm wie oft dargestellt sei es nicht, sagt Ittenbach, der seit fünf Jahre bei der Firma ist. Auch wenn manche Fahrgäste mufflig sind und den Fahrer nie grüßen. „Ich mag den Umgang mit den Leuten, ich fahre auch gerne. Ich kenne ja seit 30 Jahren nichts anderes.“
Wie alle Busfirmen sucht auch „Busverkehr Südbayern“ händeringend Personal. Fünf Fahrer würde er sofort einstellen, sagt Geschäftsführer Wolfgang Riedlinger. Nicht nur er: Der Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen schätzt, dass in Bayern 2000 Busfahrer fehlen. Der MVV, der 295 Buslinien betreibt, muss improvisieren. Erste Linien wurden ausgedünnt. „Vorrang hat der Schulbusverkehr, der muss klappen“, sagt Martin Schenck, Prokurist beim MVV. Der Regionalverkehr Oberbayern (RVO), der in den Kreisen Weilheim-Schongau, Miesbach und Garmisch-Partenkirchen unterwegs ist, reagierte ähnlich. Die Lage sei so angespannt, berichtete unlängst Busunternehmer Martin Geldhauser, dass sich die Fahrgäste nicht mehr auf die Fahrpläne auf Papier verlassen könnten. Nur auf die digitalen Notfahrpläne sei noch Verlass.
Es gibt viele Gründe für den Fahrer-Mangel. Corona-Erkrankungen sind noch das geringste Problem. Neben Busfahrer Ittenbach im Besprechungsraum sitzt Ralf Schneider, er ist Disponent und teilt bei Busverkehr Südbayern die Schichten ein. Es gibt niemanden, der von der Schulbank weg Busfahrer werden will, sagt er. „Der Job muss attraktiver werden.“ Immer wieder springen Leute ab, erzählt er. Einmal waren über Nacht drei weg. Die Firma hat über einen Vermittler Leiharbeiter aus Rumänien engagiert. Rumänische Busfahrer, die vorher nie zuvor in Oberbayern waren. Schneider fährt dann ein paar Tage mit und erklärt, auf was zu achten ist. Beim Busverkehr Südbayern muss jeder Fahrer jede Linie kennen – sonst wäre die Schichteinteilung noch schwieriger. Schneider kümmert sich auch darum, Wohnraum zu finden. Das sei das größte Problem. Einer der Rumänen lebt jetzt in einem Wohnmobil. Wenn es den Rumänen nicht gefällt, finden sie leicht woanders einen Job – mitunter dort, wo die Lebenshaltungskosten nicht so hoch sind. „Einige sind schon nach Passau abgewandert“, sagt Schneider. Das Münchner Busunternehmen Ettenhuber berichtet über einen regelrechten Aderlass: 60 von 260 Fahrern haben in diesem Jahr schon gekündigt.
Reich wird ein Busfahrer nicht. Der Grundstundenlohn im ersten Jahr liegt bei 14,40 Euro. Aber es gibt allerlei Schichtzulagen. Für Nachtfahrten, für Sonntagsdienste, für Feiertage. Ittenbach kennt auch Sonderzahlungen für unfallfreies Fahren. 17,50 Euro je Stunde kann ein Fahrer schon erzielen, sagt Geschäftsführer Riedlinger. Freilich hat die Großzügigkeit des Unternehmens Grenzen. Die MVV-Buslinien werden ausgeschrieben, der Günstigste gewinnt. Riedlinger könnte sich eine Ballungsraumzulage für sein Personal vorstellen– aber da müsste der MVV mitzahlen. „Es ist viel in der Diskussion, aber bisher wurde nichts erreicht“, sagt der Geschäftsführer.
Busfahrer Ittenbach hat den Führerschein schon ewig. Seine Eltern hatten früher ein Busunternehmen, so wuchs er in den Job rein. Später hatte er in Fürstenfeldbruck eine Fahrschule. „Aber das war mir zu stressig.“ Es ist kurz nach 14 Uhr, Ittenbach hat jetzt Feierabend – kleine Vorteile eines Busfahrers. Morgen geht es wieder los: die 5-Uhr-Frühschicht. Auch Disponent Schneider wird dann wieder im Büro sein: Eine neu angekommene Rumänin fährt das erste Mal allein eine Buslinie. Er hoffe, dass alles gut klappe.
Ein Vermittler holt Leute aus Rumänien