Schwaigerloh – Der erste echte Gewinner dieses Bauprojekts hatte kein Rederecht: Bernhard Mücke, Bürgermeister von Oberding, genoss also beim Spatenstich am Montag im Stillen, dass seine Gemeinde bald einen S-Bahnhof erhalten wird. Der S-Bahnhof Schwaigerloh, ein Ortsteil der 6600-Einwohner-Gemeinde Oberding, grenzt an ein großes Gewerbegebiet. Barrierefrei, 210 Meter lange Außenbahnsteige und ein Parkhaus, sogar eventuell kombiniert mit einem Busbahnhof – Mücke hat gute Laune. „Wir sind gut aufgestellt.“
Ende 2025 soll der Bahnhof in Betrieb gehen, so die Planung der Bahn. Dann erhält zumindest schon mal Oberding einen S-Bahn-Anschluss zum Flughafen. Der neue Bahnhof, der 151. im Münchner S-Bahn-Netz, ist aber eher ein Nebenprodukt eines viel weitergehenden Projekts: des Erdinger Ringschlusses. Bis Anfang der 2030er-Jahre könnte eine direkte S-Bahn-Verbindung zwischen Freising, dem Flughafen und Erding entstehen.
Schritt für Schritt nähert sich die Bahn diesem einst als utopisch eingestuften Projekt. Die erste Stufe war die Neufahrner Kurve, der Abzweig vom Flughafen nach Freising. Der zweite Schritt folgte im September 2021 – damals wurde der Bahntunnel unter dem Flughafen im Rohbau fertiggestellt.
Jetzt kommt Teil drei: Die Bahn will am Tunnel anschließend zwei etwa zwei Kilometer lange Gleisstücke bis Schwaigerloh bauen. Dort soll auch eine Abstell- und Wendeanlage mit vier Gleisen entstehen. Das bedeutet: Die S-Bahnen und der Flughafen-Express aus Regensburg fahren dann bis Schwaigerloh und werden dort bis zur Rückfahrt abgestellt.
Erste Vorarbeiten für den Gleisbau sind schon geschafft: Die Bahn hat ein kleines Wäldchen gerodet und eine Schneise für den Gleisbau geschlagen.
In der Ferne sieht man schon Bagger und Fräsen, die die Baustellen-Fläche vom Humus-Oberboden befreien – die künftige S-Bahn führt durch Ackerland.
Beim Spatenstich wurde deutlich, wie viele Väter das Projekt hat: Neben dem Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Michael Theurer (FDP), und DB-Infrastrukturvorstand Berthold Huber kam (unter anderem) auch Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). Er sprach von einem „Gemeinschaftsprojekt“ von Bund, Freistaat und Deutsche Bahn. Jeder zahlt einen Anteil an den knapp 100 Millionen Euro Baukosten, der Bund mit 57 Millionen Euro am meisten. Noch um einiges teurer wird Teil vier: die Fortführung der Strecke von Schwaigerloh bis Erding – nach letzten Schätzungen 390 Millionen Euro teuer, wahrscheinlich aber um einiges mehr. Unter anderem muss im Stadtgebiet von Erding ein zwei Kilometer langer Tunnel gegraben werden, außerdem wird Erdings Bahnhof komplett neu an anderer Stelle (auf einstigem Fliegerhorst-Gelände) entstehen. Als Teil fünf muss dann noch die eingleisige Walpertskirchener Spange gebaut werden, die von Erding bis zur Bahnstrecke München–Mühldorf führen soll. Erst dann können die Erdinger mit der S-Bahn zum Flughafen fahren und dann wird das wahr, was Flughafen-Chef Jost Lammers beim Spatenstich als Vision pries: „Wir verbinden Erding mit New York und Freilassing mit Taipeh.“
Eine Unwägbarkeit gibt es: Der Termin Ende 2025 steht unter Vorbehalt. Er ist „abhängig von der Materialverfügbarkeit“. Kupferkabel, Beton, Stahl – alles ist knapp am Bau.