Weilheim – Ein Schwerverletzter im Vorgarten, der nicht mehr zu retten ist. Ein Mann, der sich selbst auf einer Parkbank erschossen hat. Schließlich zwei Frauen, die tot in einem Haus gefunden werden – ein regelrechter Albtraum hat sich am Freitag in der Kleinstadt Weilheim abgespielt und die Polizei stundenlang in Alarmstimmung gehalten.
Tatort eins
Der dramatische Einsatz, den die Polizeibeamten so schnell nicht mehr vergessen werden, beginnt um 16.50 Uhr: An der Pistlgasse, eine zentral in der Stadtmitte gelegene, aber ruhige Straße, nur rund 200 Meter Luftlinie von der Polizei entfernt, wird mindestens ein Schuss gemeldet. Im Vorgarten des Mehrfamilienhauses liegt ein sterbender Mann, der trotz sofortiger Reanimation nicht mehr zu retten ist. Der 60-Jährige lebte in dem Haus. Eine massive Fahndung nach dem Täter läuft an, zahlreiche Einsatzkräfte auch der umliegenden Dienststellen werden eingebunden. Doch die Suche nach dem Täter bleibt zunächst erfolglos.
Tatort zwei
Das ändert sich knapp zweieinhalb Stunden später, als gegen 19.15 Uhr auf einer Parkbank an der Ammer, direkt an einem beliebten Spazierweg, ein Toter entdeckt wird. Er hat sich mit einer Faustfeuerwaffe – Genaueres will die Polizei nicht sagen – selbst getötet. Schnell wird klar, dass dieser Mann Franz D. (59) ist, der mutmaßlich den zuvor entdeckten 60-Jährigen tödlich verletzt hat.
Tatort drei
Nachdem bereits zwei Leichen gefunden wurden, ist die Befürchtung groß, dass es noch weitere Opfer gibt. Denn die Frau des ersten Opfers ist nicht auffindbar. Gegen 22 Uhr, so schildert es ein Nachbar als Augenzeuge, stürmt ein Großaufgebot der Polizei das Haus des 59-Jährigen an der Oderdinger Straße, schlägt dabei zahlreiche Scheiben ein, doch es ist bereits zu spät: Die 57-jährige Lebensgefährtin des mutmaßlichen Täters und ihre Zwillingsschwester, die Ehefrau des an Tatort eins gefundenen 60-Jährigen, werden ebenfalls tot aufgefunden. Sie weisen „massive Verletzungen“ auf, so die Polizei, wurden aber nicht erschossen. Eine Obduktion, die am Montag stattfindet, soll die genaue Todesursache der Schwestern klären. Alexander Huber, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd in Rosenheim, rechnet damit, dass frühestens am Dienstag Ergebnisse dieser Untersuchung veröffentlicht werden.
Es war der letzte traurige Akt in einem Drama, das noch viele Fragen aufwirft. So ist der genaue Tatablauf unklar: Hat Franz D. zuerst seine Lebensgefährtin und ihre Schwester umgebracht? Oder zunächst deren Ehemann? „Das ist noch Teil der Untersuchungen“, sagt der Polizeisprecher. Man wolle den Tathergang natürlich so gut wie möglich nachvollziehen können.
Eine weitere Frage ist: Was passierte zwischen dem Entdecken der ersten Tat um 16.50 Uhr und dem Auffinden der Leiche des mutmaßlichen Täters um 19.15 Uhr? Ist Franz D. noch mit der Waffe durch die halbe Stadt an die Ammer gegangen, hat er sich noch irgendwo aufgehalten? Oder passierte alles schnell nacheinander – und die Leiche an dem beliebten Spazierweg blieb längere Zeit unentdeckt? „Das kann man nicht ausschließen, um diese Zeit war es schließlich schon dunkel“, so der Polizeisprecher. Da könne man einen Toten schon einmal mit einem mutmaßlich Schlafenden verwechseln.
Die größte Frage aber ist die nach dem Motiv. Franz D. war Malermeister, hatte zusammen mit einem Partner lange Jahre einen Betrieb geführt, aber vor einigen Jahren aufgehört. Der Nachbar, der Franz D. gut kannte, berichtet von regelmäßigem Streit mit der Familie seiner Lebensgefährtin. Da sei es auch um Geld gegangen. Und es sei ab und zu sogar zu Handgreiflichkeiten gegenüber Franz D. gekommen, habe ihm dieser erzählt. Offenbar sei der 59-Jährige, den er als „wirklich netten Kerl“ bezeichnete, dann am Freitag durchgedreht. Der Polizeisprecher sagt: „Letztlich ist es kommuniziert, dass es sich um eine Beziehungstat handelt.“ Da der 59-Jährige tot sei und keine Gefahr für die Bevölkerung bestanden habe, sei die Frage des Motivs auch eine Frage des Persönlichkeitsschutzes und werde daher wahrscheinlich nicht detailliert preisgegeben.
Am Sonntag legten betroffene Nachbarn, Freunde und Bekannte Blumen und Kerzen am Tatort nieder.