14 Vereine und ein Ziel: Erhalt und Rettung der bairischen Dialekte. Von Minister Albert Füracker (CSU) erhielten Dialektgruppen aus ganz Bayern gestern in der Nürnberger Zweigstelle des Heimat- und Finanzministeriums den mit je 1000 Euro dotierten „Dialektpreis Bayern 2022“. Wir stellen hier einige der Ausgezeichneten vor.
Förderverein Bairische Sprache und Dialekte
Mit 3300 Mitglieder ist der 1989 gegründete Verein der größte Dialektverband in Bayern.
Heinz Schober-Hunklinger, 46, aus Bad Reichenhall, designierter Vorsitzender, sagt: „Der bairische Dialekt umfasst Altbayern, aber das ist nicht geografisch gemeint, sondern reicht auch Richtung Österreich und Südtirol. Die Österreicher sagen zwar, sie sind Österreicher, sprachwissenschaftlich sind sie aber Bayern – mit ai, also Baiern. Wir wollen die süddeutsche Hochsprache erhalten und kooperieren mit Kindergärten genauso wie mit Universitäten.“
Bund Bairische Sprache
Der Verein mit 160 Mitgliedern entstand 2011 aus einer Abspaltung des Fördervereins.
Vorsitzender Sepp Obermeier, 66, aus Konzell/Niederbayern, sagt: „Unsere Strategie ist es, einen Umdenkprozess über die Medien in Gang zu setzen. Der Dialekt ist keine verdorbene Hochsprache, wie es an den Hochschulen für Lehrerbildung ab den 1970er-Jahren fälschlicherweise gelehrt wurde. Dieser Irrlehre treten wir entgegen. Dialekt ist auch die beste Grundlage für Mehrsprachigkeit, das muss endlich in die Köpfe rein. Jedes Jahr verleihen wir einen Preis, die Sprachwurzel, an einen prominenten Mundartsprecher.“
Münchner Turmschreiber
Die süddeutsche Literatenvereinigung gründete sich 1959 im linken Isartorturm mit seinem Valentin-Karlstadt-Musäum. Aktuell hat sie knapp 70 Mitglieder.
Der Vorstand ist Jürgen Kirner, 62: Er ist Kabarettist, Schauspieler, Moderator („Brettl-Spitzn“ im BR) und sagt: „Wir sind viele authentische Menschen, die sich nicht verbiegen, die sich den Dialekt nicht aberzogen haben. Wenn ein Turmschreiber ein Buch vorstellt, und wir haben ganz unterschiedliche Stilrichtungen, dann spricht jeder in seinem Dialekt. Das ist bunt, das ist vielfältig. Das Besondere an uns ist, dass man nicht einfach Mitglied werden kann. Wir suchen uns die Leute aus.“
Johann-Andreas-Schmeller-Gesellschaft
1979 von dem Dialektologen und Bayreuther Germanisten Prof. Robert Hinderling gegründet, hat die Gesellschaft zur Erforschung des wissenschaftlichen Werks von Sprach-Papst Schmeller (1785-1852) heute 200 Mitglieder.
Vorsitzender Christian Ferstl, 56, aus Regensburg: „Wir geben Jahrbücher zu dialektologischen Fragestellungen und zum Leben und Werk Schmellers heraus. Wir sind kein Unterhaltungsverein für bunte Abende zum Dialekt, aber wir wenden uns auch an wissenschaftliche Laien, fördern gymnasiale Seminararbeiten über Dialektfragen. Die Lehrpläne zum Dialekt sind gelinde gesagt ausbaufähig, das war früher im alten G9 besser. Für mich führt immer noch kein Weg an Schmellers vierbändigen Sprachatlas vorbei, auch wenn der schon 1827 bis 1837 entstanden ist.“
Bairische Sprache und Mundarten Chiemgau-Inn
Gegründet 2001 bringt der Verein die Zeitschrift „Bairische Sprache“ heraus, die an die 850 Mitglieder und Interessierte verteilt wird. Der Vorsitzende Rudi Mörtl, 78, aus Traunstein, sagt: „Unser Ziel ist es, Bairisch als Sprache zu erhalten, so gut es geht. Die Sprache ändert sich, München ist quasi dialektfrei und in den kleineren Städten geht es auch los. Wir holen den Dialekt ins Bewusstsein zurück. Wir rufen zum Beispiel dazu auf, uns mundartliche Ortsnamen zu nennen, da wurden uns sicher 150 übermittelt. Zum Beispiel Dinaschding für Tinnerting oder Summering für Sondermoning.“
Freundeskreis Sudetendeutscher Mundarten
Einmal im Jahr trifft sich der Freundeskreis mit ca. 40 Mitgliedern in Bad Kissingen – dort wurde er auch 1977 gegründet. Leiterin Ingrid Deistler, 65, aus Kalchreuth bei Erlangen sagt: „Für uns zentral ist das Sudetendeutsche Wörterbuch, das in Gießen entstanden ist – das war auch der Auslöser für unseren Freundeskreis. Wir treffen uns, um sudetendeutsche Mundarten zu sprechen, aufzuzeichnen und zu dokumentieren. Die sind sehr unterschiedlich. Zum Beispiel klingt im Egerland „da“ wie „dou“ und „Bub“ wie „Bou“ – also fast wie in der Oberpfalz. Unten im Böhmerwald hingegen hört man eher „Bua“ oder „Kua“ – wie im südbayerischen Raum. Wir haben vor allem ältere Mitglieder, aber auch einige jüngere. Zwei haben die sudetendeutsche Großmutter auf Kassetten aufgenommen. Sie versuchen, die Mundart zu lernen, zu bewahren.“
Weitere Preisträger
MundArtFreunde Bayern; Freunde der Literatur in Bayern; meiVEREIN; Arbeitsgemeinschaft Mundart-Theater Franken; Verein zur Bewahrung des unterfränkischen Dialektes; Förderverein mundART Allgäu; Verein Schwäbisches Literaturschloss Edelstetten sowie die Matzenhofer Schwabengilde.
DIRK WALTER & CARINA ZIMNIOK