München – Die Corona-Inzidenz in Bayern stagniert seit einigen Tagen knapp über 100. Am Samstag lag sie nach Daten des Robert-Koch-Instituts bei 109,1. Das ist zwar der niedrigste Wert aller deutschen Bundesländer, doch der deutliche Abwärtstrend der vergangenen Wochen ist inzwischen weitgehend zum Stillstand gekommen. Andere Zahlen zeigen sogar einen leichten Anstieg.
„Die Sieben-Tages-Inzidenz hat aufgrund der gelockerten Teststrategie ihre Seismografen-Funktion weitgehend eingebüßt“, sagt Clemens Wendtner. Der Chefarzt der Infektiologie in der München Klinik Schwabing hatte 2020 die ersten deutschen Corona-Patienten behandelt. Viele Infizierte liefen inzwischen „unter dem Radar“, weil nur noch ein Antigen-Schnelltest gemacht werde und sie daher nicht in der Statistik auftauchten. „Die Dunkelziffer ist also enorm, schätzungsweise mindestens Faktor zehn“, sagt der Experte.
Für belastbarer hält er daher die Hospitalisierungsinzidenz – und diese steige wieder leicht an, sagt er. Zwar sei man von früheren Spitzenwerten weit entfernt, „aber die Sommerwelle 2022 hat gezeigt, wie schnell sich die Werte ändern können“, betont er.
Für den Rest des Winters ist Wendtner vorsichtig. Der Blick in die USA, wo eine Sublinie namens BQ.1.1 bereits die Hälfte der Neuinfektionen ausmacht, bereitet ihm Sorgen. Durch zusätzliche Mutationen „entkommt das Virus offensichtlich relativ gut der Immunabwehr“, sagt Wendtner. Man könne also trotz früherer Infektion oder Impfung erkranken.
Wendtner zufolge sollten die Bürger noch vorsichtig sein und nicht alle Schutzhüllen, nicht zuletzt auch Masken, vorzeitig fallen lassen – „wenn schon nicht zum Eigenschutz, dann zumindest als Fremdschutz mit Blick auf die Schwächsten“. lby