Ehepaar zwingt die Bahn in die Knie

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München – David gegen Goliath – bzw. Daniel gegen die Deutsche Bahn. So könnte man das zähe Ringen um eine Fahrpreisnacherhebung titulieren. Der Ausgangspunkt liegt schon über ein Jahr zurück. Im September 2021 war das Ehepaar Sophie und Daniel K. von München-Obermenzing nach Starnberg unterwegs und löste dafür eine Gruppen–Tageskarte für 15 Euro. Aus nie geklärten Gründen erhielten sie vom Busfahrer eine Fahrkarte für die Zone 1. Notwendig wären für die Fahrt nach Starnberg jedoch die Zonen 1 und 2 gewesen. Kurioserweise wirkte sich das nicht beim Fahrpreis aus – denn beide Fahrkarten kosteten damals 15 Euro. Doch der Kontrolleur im Regionalzug, in dem das Ehepaar von München-Pasing nach Starnberg unterwegs war, kannte keine Gnade. Er drückte den Ausflüglern gleich zwei Mal die maximale Fahrpreisnacherhebung aufs Auge – also insgesamt 120 Euro. Sie hätten ja eine falsche Fahrkarte, rechtfertigte der Mann seine Entscheidung.

Vor einem Jahr berichtete unsere Zeitung erstmals über den Fall. Nun hat sich Daniel K. gemeldet – und erzählt, wie es weiterging. Obwohl die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) vorgeschlagen hatte, die Strafe auf eher symbolische 30 Euro zu reduzieren, bestand der Konzern zunächst auf den 120 Euro. Der Fall wurde sogar an eine Inkasso-Stelle abgetreten, die das Geld eintreiben sollte. „Nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt waren wir uns aber ganz sicher, den Fall notfalls vor Gericht auszutragen“, berichtet Daniel K. Immer wieder habe die Bahn nach Einschaltung des Anwalts nachgehakt, mal mit „Drohschreiben“, mal mit Vergleichsangeboten.

Das Ehepaar bewies Nervenstärke und ließ sich von den eintrudelnden Schreiben nicht beeindrucken. Vor einem förmlichen Mahnbescheid schreckte die Bahn aber zurück. Denn dann hätte K. den Gerichtsweg angestrebt. Sein Anwalt war sich völlig sicher, dass er den Fall gewinnen würde, da die vermeintlichen Schwarzfahrer keinerlei Vorteil aus ihrem Fehler gezogen hätten – im Juristendeutsch: Es fehlte die „Aneignungsabsicht“.

Irgendwann scheint das bei der Bahn jemand erkannt zu haben. Denn: „Völlig aus dem Nichts kam vor einigen Wochen die Nachricht, der Fall wurde eingestellt. Ohne Zahlung unsererseits“, berichtet Daniel K.

Einziger Streitpunkt ist jetzt noch der Datenschutz. Das Ehepaar K. besteht darauf, dass sie aus der Schwarzfahrer-Kartei der Bahn gestrichen werden. Die gibt’s wirklich: Die Abteilung „Fahrpreisnacherhebung“ von DB Vertrieb in Baden-Baden speichert alle Daten von Schwarzfahrern ein Jahr, im Wiederholungsfall verlängert sich die Frist um ein weiteres Jahr. Dagegen kann man – weil DB Vertrieb seinen Sitz in Frankfurt hat – Einspruch beim Hessischen Datenschutzbeauftragten einlegen.

Genau das hat das Ehepaar gemacht. Die Chancen, dass sie auch hier Recht bekommen, stehen gut.

Ein Inkasso-Büro

sollte das Geld

eintreiben

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