Flughafen-Störaktion: Minister sauer

von Redaktion

München – Es war ja fast zu erwarten, und gestern kurz nach 9 Uhr war es so weit: Vier Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ schnitten ein Loch in den Maschendrahtzaun, drangen aufs Gelände vor und setzten sich auf den äußersten Rollweg („Taxi way“) der Nordbahn. Es muss blitzschnell gegangen sein. „Eine Streife, die vorbeifuhr, hat noch gesehen, wie sie eindrangen“, berichtet ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord. „Wir haben sie sehr schnell entdeckt.“ Und doch etwas zu spät: Ehe die Polizisten die Aktivisten einholen konnten, waren deren Hände bereits festgeklebt. Zur gleichen Zeit versuchten drei Aktivisten, auf die südliche Start- und Landebahn zu gelangen. Das schafften sie nicht. „Sie wurden während der Öffnung des Zauns festgenommen.“

Die Letzte Generation wollte den Flugbetrieb als „staatlich hochsubventionierten Mitverursacher der Klimakatastrophe“ anprangern – doch die Auswirkungen hielten sich gestern in Grenzen. „Wir mussten keinen einzigen Flug annullieren, obwohl wir den Betrieb auf der Nordbahn 45 Minuten lang eingestellt haben“, sagt Flughafen-Sprecher Jürgen Engert. „Alle Flüge konnten auf die Südbahn umgeleitet werden.“

Eine heikle Situation gab es aber doch: Wegen der Proteste konnte ein Flieger mit einem 80-jährigen Notfallpatienten an Bord nur mit Verspätung landen. Die Maschine aus den USA war laut Polizei im Anflug auf München, als der Mann über Schmerzen in der Brust klagte. Wegen der Sperrung der Südbahn musste der Flieger auf die nördliche Landebahn umgeleitet werden und setzte erst um 9.38 Uhr auf – 20 Minuten später als geplant.

Der Mann sei in stabilem Zustand, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Er habe keinen Herzinfarkt erlitten. „Das war aber nur Glück und als die Maschine noch in der Luft war, noch nicht absehbar“, betonte er. „Diese Aktivisten sind offenbar so verbohrt, dass es ihnen egal ist, wenn andere Menschen zu Schaden kommen.“

Die Aufregung ist groß, bis hinauf nach Berlin, zumal zur selben Zeit in einer offenbar abgesprochenen Aktion Klima-Kleber auch auf das Rollfeld des Hauptstadtflughafens BER gelangten und sich dort festklebten – auch hier aber, ohne den Flugbetrieb nennenswert zu stören. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) verurteilte die Aktionen als „kriminelle Machenschaften“. In Bayern findet man kaum jemanden, der die Aktion auch nur ansatzweise gut findet – auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze fand deutliche Worte. Innenminister Herrmann nannte es „eine unverfrorene Rücksichtslosigkeit“, mit „irrsinningen Aktionen“ eine Vielzahl von Menschen potenziell zu gefährden.

Alle sieben Beteiligten kamen zunächst in Polizei-Gewahrsam. Gestern prüfte ein Richter für jeden einzelnen Aktivisten, ob und wie lange er oder sie in vorbeugende Haft kommt. Obwohl sich der Zorn des Innenministers gegen die Klimaaktivisten richtete, konnte er sich auch kritische Worte Richtung Polizei nicht verkneifen. Er forderte eine Überprüfung des Sicherheitskonzepts. Für das ist allerdings just die ihm unterstellte Landespolizei mitverantwortlich – sie überwacht den (zusätzlich technisch überwachten) Zaun von außen. Die Bundespolizei ist für die Überwachung im Gelände zuständig. „Ich erwarte mir, dass umgehend geprüft wird, ob gegebenenfalls die Sicherheitskonzepte am Münchner Flughafen angepasst werden müssen“, sagte Herrmann.

Ein Polizeisprecher wies Vermutungen über eine schlampige Überwachung zurück. „Wir können ja nicht alle fünf Meter einen Polizisten an den Zaun stellen.“  dw/lby

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