Gmund/München – Sie habe an Schlafstörungen gelitten, berichtete die Klägerin am Donnerstag am Münchner Landgericht. Wenn die Züge der Bayerischen Regiobahn die Kurve nahe ihrem Haus in Gmund am Tegernsee (Kreis Miesbach) durchfuhren, sei an Schlaf nicht zu denken gewesen. Sie war erst erschöpft, dann genervt. „Und irgendwann kann man nicht mehr“, beschwerte sie sich. Die Auswirkungen hätten Krankheitswert erreicht, sie legte ein ärztliches Attest vor.
Für ihren Gesundheitsschaden hat die Klägerin vom Unternehmen BRB mindestens 4000 Euro Schmerzensgeld verlangt. Es gehe seiner Mandantin weniger um die Höhe der Zahlung, so ihr Anwalt. Ihr sei wichtig, dass der Lärm nachhaltig beseitigt werde. Zwar sei durch eine Schienenschmieranlage eine deutliche Verbesserung erreicht worden. Gegenwärtig würden jedoch Bauarbeiten in dem Gleisbereich stattfinden, und es gebe Hinweise, dass die Schmieranlage nicht wieder eingebaut würde. Wichtig war dem Anwalt der Hinweis, dass er und seine Mandantin „für die Bahn“ seien, „aber für eine leise Bahn“.
Die Vertreter der BRB und der für die Gleise zuständigen Tegernseebahn hielten dem entgegen, es handele sich um eine provozierte Konfliktsituation. Die Klägerin habe das Grundstück günstig erworben. Sie habe nahe den Gleisen gebaut – ohne Schallschutzfenster. Die Strecke sei seit 120 Jahren in Betrieb und öffentlich-rechtlich genehmigt. Wer „alles richtig gemacht hat“, könne nicht schadensersatzpflichtig sein. Auch die Klägerin berief sich darauf, keine Fehler gemacht zu haben: Alle Baumaßnahmen an ihrem Haus seien genehmigt.
Der Richter ließ keinen Zweifel daran, dass er „deutliche Risiken auf Klägerseite“ sehe. Das Attest sei sehr knapp, der Zusammenhang mit dem Lärm unklar. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Bayerische Regiobahn einiges unternommen habe. Man dürfe nicht auf Pegelspitzen, sondern müsse auf einen Dauerpegel abstellen. Andererseits entlaste die Beklagte nicht, dass der Zugbetrieb genehmigt sei. Die Genehmigung sei vor langer Zeit erteilt und die heute gültigen Immissionsschutzbestimmungen nie überprüft worden.
Der Vergleich, den der Richter vorschlug, wäre fast nicht zustande gekommen. Die Schmerzensgeldzahlung könnte Nachbarn zu weiteren Klagen ermutigen, befürchteten die Anwälte der Bahn. Tatsächlich haben betroffene Anwohner eine Bürgerinitiative gegründet. Auf Vorschlag des Richters hat man sich darauf verständigt, dass die Regiobahn den – ohnehin beabsichtigten – Wiedereinbau und Betrieb der Schienenschmieranlage sicherstellt. Ein Schmerzensgeld bekommt die Klägerin nicht. ANDREAS MÜLLER