Das bayerische Troja

von Redaktion

LMU-Archäologen finden älteste Mauern nördlich der Alpen

Neuburg – Es ist ein Rätsel, wer diese mächtigen Mauern bei Neuburg an der Donau aufgeschichtet hat: Archäologen haben die älteste Steinmauer und den ältesten Steinbruch nördlich der Alpen freigelegt. Sie sind etwa 3400 Jahre alt – damals wurde Troja gerade von seinen Eroberern in Schutt und Asche gelegt.

Stolz steht Carola Metzner-Nebelsick von der LMU München vor einer mannshohen Mauer aus bis zu 70 Zentimetern großen Kalksteinen, die aus einem Steinbruch nebenan gebrochen wurden. Bei einer Ausgrabung des Instituts für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie der LMU und der Uni Warschau haben Studierende heuer die bronzezeitliche Mauer auf dem Stätteberg südlich der Donau freigelegt. „Es handelt sich um die früheste und größte ihrer Art nördlich der Alpen“, sagt Metzner-Nebelsick. „Ähnliche Mauern schützten den Palast der sagenhaften Könige von Mykene.“

Auch Troja wurde von solchen „Zyklopenmauern“ umgeben. Zwei ursprünglich gut zwei Meter hohe Mauerschalen aus Kalksteinblöcken waren mit Steinen und Stampflehmpackungen gefüllt worden. Wuchtige Holzpfosten auf beiden Seiten hielten die Konstruktion zusammen und bildeten das Fundament eines hölzernen Wehrgangs. Das Ende der Burg kam gewaltsam wie in Troja: „In einem gewaltigen Inferno wurde diese Mauer zu Beginn der späten Bronzezeit auf gesamter Länge abgebrannt“, sagt die Archäologin. „Danach wurde die Burg wohl nach einer Belagerung geschleift und nie wieder besiedelt.“

Das bayerische Troja war 86 Hektar groß, es hatte auch eine Akropolis – einen Tempel auf dem höchsten Punkt des Berges, an dem den Göttern Brandtieropfer dargebracht wurden. Hinter der Mauer wurden Keramikscherben und Tierknochen gefunden: Reste von Mahlzeiten oder Opferungen. Auch menschliche Knochen wurden entdeckt. Ob es sich um Menschenopfer oder Tote der Belagerung handelt, bleibt zu klären. Ob es eine Siedlung der Räter war? Die lebten eher im Alpenraum. Kelten gab es noch nicht. Auch die Frage, ob es in der Burg eine Siedlung gab, ist bislang noch ungeklärt, da dort noch keine Ausgrabungen stattgefunden haben. Das soll sich laut Metzner-Nebelsick ändern: „Das Projekt ja noch nicht beendet.“ JOHANNES WELTE

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