Kardinal wehrt sich gegen Kritik

von Redaktion

VON CLAUDIA MÖLLERS

München – Der Auftritt des bayerischen Justizministers Georg Eisenreich im Landtag hat dem Münchner Kardinal Reinhard Marx gar nicht gefallen. Der Minister hatte sich im Rechtsausschuss in der vergangenen Woche für eine unabhängige Ombudsstelle für Betroffene vom Missbrauch in der Kirche ausgesprochen. „Ich bin erstaunt über diese Äußerung“, sagt der Kardinal gestern im Presseclub am Münchner Marienplatz.

Erst vor einiger Zeit hätten die bayerischen Bischöfe zwei Stunden mit der Staatsregierung darüber gesprochen – da habe es vom Kabinett keinen solchen Vorstoß gegeben. „Wir haben sehr offen darüber gesprochen. Wir sind sehr dafür, wenn der Staat eine Ombudsstelle einrichten will. Aber dazu hat er bislang keine Anstalten gemacht.“ Und mit Nachdruck fügt er hinzu: „Diese Kritik nehme ich nicht an.“ Er hätte erwartet, dass „man uns auch mal fragt“, was die Kirche bislang schon alles gemacht hat. „Zu sagen, die Kirche kann’s nicht, die Kirche macht nichts, das ist einfach unglaublich.“ In keinem anderen gesellschaftlichen Bereich gebe es eine auch nur annähernd vergleichbare Aufarbeitung. „Ich bin sehr dafür, dass sich der Staat hier mehr engagiert, aber dann muss er das ganze Feld in den Blick nehmen.“ Marx fordert den Freistaat auf, die Präventionsarbeit in allen Bereichen zu überprüfen: „Bitte, bitte, ich hab nichts dagegen. Aber nicht sagen: Die Kirche tut nichts!“

Zurechtrücken will der 69-Jährige auch die verbreitete Wertung, den deutschen Bischöfen sei beim Ad-limina-Besuch in Rom kürzlich das Ende für den „Synodalen Weg“ vorgezeichnet worden. Es habe sehr offene Gespräche in der Kurie gegeben. Und explizit über Papst Franziskus sagt Marx: „Er hat keinerlei Schlusspunkt gesetzt für den Synodalen Weg.“ Mit den Vertretern der Dikasterien seien es offene, lebhafte Gespräche gewesen. Man könne aber nicht behaupten, „wir haben eine Watschn bekommen und jetzt hören wir auf, packen unsere Koffer und der Synodale Weg ist damit beendet“. Es sei ein Transformationsprozess der Kirche und der brauche Zeit. Zu der Bemerkung des Papstes vom Juni „In Deutschland gibt es eine sehr gute evangelische Kirche. Wir brauchen nicht zwei davon“, sagt Marx, man müsse nicht jede Äußerung des Papstes überbewerten. Seinen Leuten sage er bei Gelegenheit: „Werdet erwachsen und guckt nicht immer, was Papa macht.“

Bei allen Problemen in Kirche und Welt, ebenso wie im persönlichen Leben erfahre man aber auch immer, „dass es Hoffnung gibt“. Auch persönlich bekennt Marx, dass die Zeiten „durchwachsen“ sind. Er sei leidenschaftlich gerne Priester – „aber ich habe nicht gedacht, dass es so schwer wird“, sagte er mit Rückblick auf die letzten Jahre. Sein Rücktrittsangebot, das der Papst im Juni 2021 abgelehnt hatte, sei absolut ernst gewesen, betont Marx. Aber er akzeptiere die Entscheidung: „Also mache ich es jetzt erst mal weiter, solange meine Kräfte da sind.“ Auch wenn er irgendwann einmal in den Ruhestand gehe, lasse er die Kirche nicht zurück. „Das ist ja meine Familie. Man leidet ja mit wie ein Hund.“

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