In seiner reizenden Weihnachtslegende „Heilige Nacht“ hat Ludwig Thoma die Weihnachtsgeschichte in den bayerischen Alltag geholt. Die schwangere Maria stapft bis zur totalen Erschöpfung durch das verschneite Land. Im Wirtshaus „Zum Lamm“, beim „Rösslwirt“ in Bethlehem, überall werden sie abgewiesen. Der reiche Vetter Josias, den sie um Aufnahme bitten, schlägt krachend das Fenster zu und seine Frau kreischt: „A Ruah möchte´ma hamm, inser Ruah!“ Am Ende dieser bayrischen Weihnachtsgeschichte steht die Mahnung, „ob dös nix bedeut, dass‘s Christkind bloß Arme g´sehg‘n hamm“.
Dieses Weihnachten sind es die Ärmsten, die in der Ukraine vom Terror der russischen Angriffe gezeichnet sind. Kinder erschrecken, wenn eine Tür zuschlägt, weil es eine Rakete sein könnte. Charkiw, nahe an der russischen Grenze, war früher eine blühende Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern und 42 Universitäten und Hochschulen. Der Bürgermeister Terechow sah keine Möglichkeit, wie sonst den Weihnachtsbaum auf dem zentralen Platz der Stadt oberirdisch aufzustellen: „Es gab dort schon zu viele Einschläge. Der Feind hat die Koordinaten unseres Friedensplatzes.“ Nun steht der Baum unter der Erde in der darunter liegenden U-Bahn-Station. Vor dem Baum wird ein Musical aufgeführt, „Die Dame aus Eis“. Der Krieg wird darin nicht direkt erwähnt, aber der Inhalt des Stückes spricht Bände: In einem schrecklichen Land, nicht weit weg, hat eine Hexe alles zu Eis verwandelt. Eines Tages beschließt sie, das auch mit dem Helden des Stückes zu tun. Der aber wird gerettet nach einem harten Kampf durch Liebe, Freundschaft und alle guten Dinge unter den Menschen. Die Hexe wird besiegt. „Der Krieg“, sagt der Bürgermeister, „hat uns alle vereint in dem Wunsch, uns zu lieben. Wenn er einmal zu Ende ist, werden wir die glücklichsten Menschen auf der Erde sein.“
Weihnachtsfrieden in diesem Jahr heißt für uns Deutsche, dass wir uns frei machen von den im Vergleich kleinen Sorgen, die uns bedrücken. Explodierende Preise, rückläufige Realeinkommen, Energieunsicherheit, Sorge um das Klima, wo Klimakonferenzen krachend scheitern, Sorge um wirtschaftliche Rezession bei steigenden Zinsen. Und Schlimmeres mag uns bevorstehen, Wladimir Putin insbesondere ist unberechenbar in dem, was er noch tun könnte.
Die Botschaft von Weihnachten möge uns davor bewahren, mit kaltem Herzen wie die Besitzbürger in Bethlehem der Not in dieser Welt gleichgültig zuzuschauen. Wir müssen uns nicht schämen, denn wir haben viele ukrainische Flüchtlinge in unserer Mitte aufgenommen. Wir haben sogar (zu wenig) militärische Hilfe geleistet. Und wie dieses ganze Jahr im Zeichen der Ukraine steht, so feiern wir Weihnachten im Zeichen der Liebe und der Zuwendung zu anderen Menschen. Das Kind in der Krippe, das die Hirten anbeten, wird Christus, der Herr und Retter. „Auf seinen Schultern (so der Prophet Jesaja) ruht die Weltherrschaft. Sein Reich wird groß und des Friedens wird kein Ende sein.“
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