Die Koffer-Odyssee der Familie Pfeiffer

von Redaktion

Schliersee – Benny Pfeiffer bangt schon jetzt. Gerade verbringt der 21-Jährige die Weihnachtsferien bei seinen Eltern in Schliersee (Kreis Miesbach). Am 8. Januar muss er aber von München wieder zurück in die USA fliegen, wo er Sportmanagement studiert. „Er macht sich Gedanken, ob das Koffereinladen am Flughafen klappt“, sagt Bennys Vater Hanspeter Pfeiffer. „Nachdem das Ausladen mehr als schiefgelaufen ist.“

Das „Drama“, wie Hanspeter Pfeiffer es heute nennt, begann am 15. Dezember. Wegen Glatteis und Schneestürmen in den USA kam seine Maschine mit zwei Stunden Verspätung in Charlotte an. Mit vier Stunden Verspätung hob der Lufthansa-Airbus 350 Richtung Bayern ab. „Der Kapitän teilte da schon mit, dass er nicht wisse, ob alles Gepäck mitgekommen sei“, sagt Hanspeter Pfeiffer.

Nach drei Stunden Warten bestätigte sich in München die Befürchtung: Das Sperrgut, Benny Pfeiffers Snowboard, hatte es geschafft. Sein Koffer inklusive der Weihnachtsgeschenke aber nicht. Kein Einzelfall. Benny Pfeiffer schätzt, dass von gut 200 Passagieren im Flieger nur rund 25 den Flughafen München mit Koffer verlassen haben. Vater und Sohn kapitulierten am Gepäckband irgendwann und fuhren heim. Währenddessen meldete Ehefrau und Mutter Cornelia Pfeiffer die Tasche online als vermisst.

Darüber, wie viele Gepäckstücke an dem Tag und im Laufe des Advents nicht zugestellt werden konnten, will die Lufthansa keine Auskunft geben. Zuletzt schätzten Mitarbeiter des Flughafens München die Zahl auf 30 000. Ein Ende des Chaos ist nicht in Sicht, noch ist Hochsaison: Bis zu 1,3 Millionen Fluggäste werden in München bis Ferienende erwartet.

Nach fünf Tagen, zig Stunden in den Hotlines von Lufthansa und Flughafen sowie permanentem Klicken in die Online-Gepäckermittlung, reicht es Cornelia Pfeiffer. Sie macht das, wovor sie Mitarbeiter des Flughafens am Telefon warnen: Sie fährt einfach los. „Mit Ausweisen, Unterlagen und Nummern bewaffnet“, berichtet ihr Mann.

Vor Ort fragt sie sich hartnäckig von Schalter zu Schalter durch – und wird schließlich in den Sicherheitsbereich gelassen. „Dort traf sie in einer langen Schlange anderer Suchender auf eine freundliche Flughafen-Mitarbeiterin und fand mit deren Hinweisen die Tasche tatsächlich.“ In der Ankunftshalle standen zig herrenlose Koffer, teils sogar nach Datum sortiert. Obwohl die Koffer längst gefunden sind, hat die Fluggesellschaft wohl Probleme, sie ihren Besitzern zu schicken. „Sobald das verspätete Gepäck am Zielflughafen eingetroffen ist, beauftragen wir einen Kurier mit der Zustellung“, erklärt eine Lufthansa-Sprecherin den eigentlichen Ablauf, fügt aber hinzu: „Aktuell kann es zu Verzögerungen bei der Auslieferung kommen.“

„Uns nervt, dass man als zahlender Kunde sich selbst überlassen wird und die Lufthansa komplett abgetaucht ist“, sagt Hanspeter Pfeiffer. „Hotline-Nummern erweisen sich als kalt. Anrufe werden per Sprachassistent erstickt. Emails nicht beantwortet.“ Hätte seine Frau also am 20. Dezember nicht auf eigene Faust nach dem Koffer gesucht, stünde der wohl noch immer am Flughafen. Der Status der Online-Gepäckermittlung lautete zumindest gestern, zwölf Tage nach Benny Pfeiffers Ankunft, noch immer: „Suche nach Ihrem Gepäckstück. Bitte versuchen Sie es später erneut“.

Obwohl seine Koffer-Odyssee beendet ist, stand Benny Pfeiffer gestern wieder am Flughafen. Jetzt sucht er den Koffer eines Freundes. Am 15. Dezember ist der mit ihm von Charlotte nach München und dann nach Barcelona geflogen. „Er hat seinen Koffer immer noch nicht und kann im Gegensatz zu uns nicht einfach so nach Erding fahren“, sagt Hanspeter Pfeiffer.

CORNELIA SCHRAMM

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