1923 war die Katastrophe schlechthin. Schon die Titel der jetzt zum Jubiläumsjahr erschienenen Bücher zeigen es: „1923 – das Jahr am Abgrund“, hat etwa der Autor Volker Ullrich seine Neuerscheinung untertitelt (C.H. Beck, 28 Euro). „1923 – ein deutsches Trauma“, heißt das Werk des irisches Historikers Mark Jones (Ullstein, 26 Euro). „Totentanz“, betitelte die Feuilletonistin Jutta Hoffritz ihr 1923-Buch (Harper Collins, 23 Euro). Empfehlenswert sind alle drei: Ullrich liefert eine solide Einordnung, wobei die Berliner Regierungsperspektive viel Raum einnimmt: Sein Fazit: Die Weimarer Republik hätte vielleicht auch ihre zweite große Krise 1932/33 überstanden – wenn nur ein Reichspräsident vom Format eines Friedrich Ebert (Reichspräsident 1923, Tod 1925) da gewesen wäre. Der junge Historiker Jones hat sich auf die akribische Recherche von Gewaltexzessen spezialisiert, an denen 1923 kein Mangel war. Er interpretiert das Krisenjahr aus der Perspektive einfacher Leute. Das Buch von Hoffritz ist eine leicht zu lesende Collage, die vor allem aus Tagebuchnotizen besteht – im Vordergrund stehen Aufzeichnungen der Künstlerin Käthe Kollwitz und des wenig bekannten Reichsbankpräsident Rudolf Havenstein. Hoffritz hält die Inflation einschneidender und für 1923 bezeichnender als etwa die Ruhrbesetzung und ihre politischen Folgen, weshalb ihr Fazit auch etwas schlicht ausfällt: „Wenn man weiß, was Deutschland vor hundert Jahren ins Verderben führte, dann kann man Europa stärken und neues Unheil verhindern.“ dw