Erinnerung in der Herzensheimat

von Redaktion

In Marktl und Pentling gedenken die Menschen des verstorbenen Joseph Ratzinger

Marktl/Pentling – Auf schwarzem Samt steht eine weiße Rose, eine Kerze spendet Licht. In diesem Zimmer in Marktl am Inn hat Joseph Ratzinger vor gut 95 Jahren als Sohn eines Gendarmen das Licht der Welt erblickt. In seinem Geburtsort herrscht nach seinem Tod Trauer, sein Geburtshaus öffnete jenseits der üblichen Zeiten die Pforten. Auch in Pentling, wo Benedikt von 1970 bis 1977 lebte und wo er seinen Ruhestand hätte verbringen wollen, ist die Trauer groß.

„Lieber Heiliger Vater, in dankbarer Erinnerung an persönliche Gespräche mit Ihnen sind wir in Trauer hierhergekommen“, schreiben Besucher in Marktl in das Kondolenzbuch. An der Papstsäule nebenan haben Menschen Kerzen angezündet. Kurt und Annemarie Spennesberger haben sich nach der Todesnachricht im Allgäu auf den Weg an die Geburtsstätte Ratzingers gemacht, um ihm die Ehre zu erweisen. „Ich sehe ihn so, wie er gewesen ist, als Mensch. Kein Mensch ist ohne Fehler“, sagt Kurt Spennesberger zu Kritik am emeritierten Papst Benedikt XVI.

Seinen Geburtsort hatte Benedikt 2006 zuletzt besucht. Viele erinnerten sich daran, sagt Franz Haringer, theologischer Leiter des Geburtshauses. Der emeritierte Papst sei „im Tiefsten einfach, liebenswürdig und humorvoll gewesen“ – ganz anders, als viele ihn gesehen hätten. In der Pfarrkirche St. Oswald steht direkt neben dem Taufstein, an dem Joseph Ratzinger wenige Stunden nach seiner Geburt am 16. April 1927 die Taufe mit dem ersten geweihten Osterwasser empfing, ein Foto von ihm nach der Wahl zum Papst. „Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn“, steht darunter – das sagte er damals, ohne zu verheimlichen, dass er sich bereits auf einen ruhigen Lebensabend in Pentling eingestellt hatte.

Die dortige Bürgermeisterin Barbara Wilhelm sagte, Benedikt habe sich „immer als Pentlinger gefühlt“. Der Kontakt sei nie abgerissen, es gab Besuche und Briefkontakt. Sein Wohnhaus betrat Benedikt im Sommer 2020 ein letztes Mal. Damals war er überraschend zu seinem im Sterben liegenden Bruder nach Regensburg gereist. Es wurde ein bewegender Abschied von seiner Herzensheimat.   S. DOBEL & U. WESSELS

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