München – In der Münchner DB-Zentrale in der Richelstraße nahe der Donnersbergerbrücke steht Markus Kies vor acht Computer-Bildschirmen. Kies ist Verkehrsdisponent bei DB Regio Bayern, er steuert die Züge für den „Planungskorridor Süd“, was in etwa Franken entspricht. Soeben hat er den Wunsch eines Fahrgast aus dem Regionalzug Richtung Bamberg erhalten. Der Anschlusszug Richtung Saalfeld soll bitte im Bamberger Hauptbahnhof warten.
Tatsächlich bietet die Deutsche Bahn seit einigen Wochen einen neuen Service an, den viele Fahrgäste wahrscheinlich noch nicht kennen: Über die App des DB-Streckenagenten und der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (Bayern-Fahrplan) können Anschlusswünsche gemeldet werden. Man streicht dazu einfach über das Symbol „Warteanfrage stellen“. Bis 15 Minuten vor dem Umstieg kann man so der Bahn seinen Anschlusswunsch mitteilen. Spätestens zehn Minuten vor der Ankunft, so das Versprechen, wird der Fahrgast über eine Push-Nachricht informiert, ob der Anschluss tatsächlich wartet.
Die Entscheidung behält sich die DB aber vor – es ist also keine Anschlussgarantie. Mehr als fünf Minuten sind meistens nicht drin. Oft könnten Züge nicht warten, weil es zu wenig Gleise im Bahnhof gibt und der Nachfolgezug naht. Oder weil die Strecken nur eingleisig ist und der Gegenzug nicht behindert werden soll. Dennoch lobt Patrick Pönisch, der die Marketingabteilung von DB Regio Bayern leitet, die Innovation als einmalig: Er kenne „europaweit, ja weltweit“ nichts dergleichen.
„Wir wollen ein Gefühl von Sicherheit reinbringen“, sagt Bärbel Fuchs, Geschäftsführerin der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG). Die Idee ist schon fünf Jahre alt, die Umsetzung war in einer Kooperation von BEG und DB jedoch nicht trivial. Beispielsweise musste man ausschließen, dass Spaßvögel aus einer Laune heraus von zuhause aus Anschlusswünsche melden, die sie gar nicht benötigen. Das ist über Tracking ausgeschlossen. Man kann die App also nur nutzen, wenn man tatsächlich in einem Zug sitzt oder an einem Bahnhof steht, versichert Fuchs. Im Moment kann die App auch nur genutzt werden, wenn ein Fahrgast von einem Regionalzug in einen anderen umsteigen will. Der Service ist derzeit nur in DB-Zügen freigeschaltet, ab Ende des Monats auch bei der Bayerischen Regiobahn. Go-Ahead will folgen. Von der S-Bahn aus kann man die App nicht anwenden – sie ist zu oft verspätet. Auch Fernzüge sind in der Anschluss-App nicht enthalten. Das könnte aber noch folgen, sagt Pönisch.
In der Richelstraße hat Disponent Markus Kies derweil entschieden, dass der Zug nach Saalfeld nicht warten kann. Der Grund: Der Zug mit dem Fahrgast, der in Bamberg umsteigen will, hat einfach zu viel Verspätung. Zwölf Minuten. Geht nicht, bedauert Kies, ehe er die Absage an den Fahrgast versendet.