Bauern zwischen Hoffen und Bangen

von Redaktion

VON CLAUDIA MÖLLERS

München – Die Boom-Jahre der Ökobauern sind vorerst gestoppt. „Wir sind nicht mehr in der Komfortzone“, räumt Franz Strobl ein. Vor 13 Jahren hat der 68-Jährige seinen Hof in Hohenschäftlarn (Kreis München) auf Öko umgestellt. In seinem Stall stehen 60 Milchkühe, das Futter produziert er komplett auf seinen Äckern. Teures Kraftfutter muss er nicht kaufen. Außerdem baut Strobl Dinkel an, den er an Getreidemühlen liefert. Eine Kreislaufwirtschaft, die funktioniert und ein gutes Einkommen gesichert hat. Öko war ein echter Trend. Doch auch wenn er derzeit satte 63 Cent für den Liter Milch bekommt, sind die Energie- und Lebenshaltungskosten so hoch, dass auch Ökobauern sparen müssen. Aber Strobl, der stellvertretender Vorsitzender der Landesvereinigung für den Ökologischen Landbau ist, stimmt kein Klagelied an. „Meine Botschaft ist: Durchhalten! Wir Landwirte müssen darauf schauen, die Kosten im Griff zu haben.“

Heute fährt Franz Strobl zur Grünen Woche nach Berlin. Eine Gelegenheit, um den Ökobauern Mut zu machen, die wegen der Probleme auf dem Markt schon daran denken, aus der aufwendigen Ökoproduktion auszusteigen. Die Marktlage ist schwierig, weil vielen Verbrauchern die Bio-Ware zu teuer ist. „Ich verstehe, dass die Verbraucher aufs Geld schauen“, sagt Strobl. Aber er ist sich sicher: Wenn der Ukrainekrieg und die Energiekrise überwunden sind, schauen die Verbraucher wieder mehr auf die Umwelt. Von den Plänen des grünen Agrarministers Cem Özdemir, die Mehrwertsteuer auf pflanzliche Lebensmittel zu senken, hält Strobl nicht viel. „Das wäre nur ein Strohfeuer“, sagt er. Ihm will er auch ein paar Takte zu seiner Politik gegen die Tierhaltung sagen. Strobls Öko-Kühe haben jedes Jahr ein Kalb und brauchen „vernünftige Abnehmer vor Ort. Öko und Regionalität gehen Hand in Hand.“ Seine Zweitnutzungstiere, die Milch und Fleisch liefern, seien ökologisch sinnvoll.

Auch Bayerns neuer Bauernpräsident Günther Felßner sieht in Özdemirs Plänen einen „Angriff auf die Tierhaltung“. Was dieser als Umbau der Tierhaltung bezeichne, ist für den Bauernchef reiner Abbau. Die Folge: „Die Schweine werden künftig aus Spanien kommen, die Puten aus Polen.“ Felßner setzt nicht auf platte Attacke. Er will versuchen zu ergründen, „wie Özdemir tickt“ und dem Minister klarmachen, dass es auch Ökologie innerhalb von landwirtschaftlichem Anbau geben kann. Die Konturen von Özdemirs Politik seien nach einem Jahr im Amt klar: „Nichts tun ist besser für die Umwelt als irgendetwas anbauen – und was wir brauchen, holen wir uns von außen.“ Das sei reine Ideologie und erinnere an die Politik der grünen Agrarministerin Künast – nur damals habe es noch Überschüsse gegeben bei manchen Produkten. Özdemir wolle eine Ur- und Naturlandschaft in Deutschland: „Aber das sichert weder die Ernährungs- noch die Energieversorgung.“

Der Bauernpräsident will Özdemir davon überzeugen, dass Bayerns Bauern „multifunktional“ sein können: „Dass wir Ökologie auch innerhalb von Getreideanbau liefern können, dass wir Biodiversität schaffen – und Energie und Ernährung und Dekarbonisierung. Dass eine Fläche das alles kann.“ Diese Ideen will er Özdemir „einpflanzen“ – in der Hoffnung, dass sie Wurzeln schlagen.

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