Elternmord aus purem Hass

von Redaktion

Bayreuth – Der Hass auf die eigenen Eltern gipfelte in zwei Morden: Im Prozess um den Doppelmord von Mistelbach sind die beiden Angeklagten schuldig gesprochen worden. Ein 19-Jähriger wurde am Montag vor dem Landgericht Bayreuth zu einer Jugendstrafe von 13 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Er war der Freund der ältesten Tochter des Arzt-Ehepaars, das vor etwa einem Jahr in einem Dorf bei Bayreuth brutal erstochen worden war. Auch die Tochter selbst ist wegen Mordes verurteilt worden – zu neuneinhalb Jahren Jugendstrafe.

Die Jugendkammer sah die 17-Jährige als treibende Kraft der Tat, obwohl ihr Freund zugestochen hatte und sie nicht am Tatort war. „Sie ist die Initiatorin dieser Tat“, sagte die Vorsitzende Richterin Andrea Deyerling. Beide Eltern sollten aus dem Weg geräumt werden. Ohne sie wäre es nie zu den Morden gekommen.

Die Juristin umriss die Dimension der Tat: „eine Tragödie, eine Katastrophe“. Das ermordete Ehepaar, ein 51 Jahre alter Kinderarzt und eine 47 Jahre alte Medizinerin, hinterlässt neben der nun verurteilten Tochter noch drei jüngere Kinder. Die Tat bleibe unfassbar, sagte Deyerling. „In diesem Saal sind noch nie so viele Tränen geflossen“, blickte sie auf die 14 Verhandlungstage zurück, bei denen die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden war.

Die Kammer zeichnete detailliert nach, wie es zum brutalen Mord kam: Demnach behauptete die Angeklagte immer wieder, die Eltern würden sie schlecht behandeln und schlagen. Sie und ihr Bruder hätten sogar Suizidgedanken.

Doch tatsächlich habe es anders ausgesehen, die Behauptungen des Mädchens seien widerlegt worden, sagte die Richterin: Die Eltern seien überfordert gewesen mit ihrer schulschwänzenden Tochter, hätten sogar das Jugendamt um Hilfe gebeten. Es sei so weit gekommen, dass die Mutter einen Selbstverteidigungskurs machen wollte, weil sie Angst vor Auseinandersetzungen mit ihrer ältesten Tochter hatte.

Der Angeklagte war wenige Wochen vor der Tat zu seiner Freundin gezogen, er war zu Hause rausgeflogen. Die Familie habe ihn freundlich aufgenommen. Dennoch glaubte er den Schilderungen seiner Partnerin, dass die Eltern sie schlagen würden. Die Jugendliche habe erkannt, dass er leicht manipulierbar sei, sagte Deyerling: „Er war bereit, alles für sie zu tun.“

Als ihr Freund in der Nacht zum 9. Januar 2022 vor ihr stand – mit Sturmhaube, Stirnlampe und mit dem Messer in der Hand, soll die heute 17-Jährige gesagt haben: „Du siehst echt sexy aus.“

Im Schlafzimmer der beiden Eltern stach er schließlich zu – eine Vielzahl von Stichen, die sogar durch Knochen hindurchgingen, traf die beiden Opfer. Derweil blieb das Mädchen in der oberen Etage. Als sein Bruder durch die Schreie der Mutter geweckt wurde, hielt es ihn davon ab, einzuschreiten oder Hilfe zu holen.

Das junge Paar hatte beschlossen, nach der Tat zu fliehen. Zu Fuß ging es nach Bayreuth, weil sie das Familienauto nicht aus der Garage bekamen. Dort stellte sich der nun verurteilte Täter der Polizei. Seine Freundin hielt er lange heraus, gab an, aus einer Aggressionsstörung heraus gehandelt zu haben. Erst später räumte er ein, dass sie ihn angestiftet hatte.

Das Mädchen stritt eine Beteiligung an der Tat weiterhin ab. Ihr Verteidiger hatte in den Plädoyers einen Freispruch verlangt. Sie habe geschlafen und sei selbst erst durch die Schreie erwacht, hatte sie erklärt. Das sei aber alles durch Zeugenaussagen des Bruders widerlegt, sagte die Richterin. Eineinhalb Stunden dauerte die Urteilsbegründung, die nun verurteilte Täterin blickte meist direkt nach vorne. „Die Eltern wurden getötet, die Geschwister wurden zu Vollwaisen“, fasste Deyerling zusammen. Und blickte dem Mädchen ebenso fest in die Augen. VON KATHRIN ZEILMANN

Die Täter flohen zu Fuß, weil sie das Auto nicht aus der Garage bekamen

Artikel 1 von 11