München – Als Harry Gruber bei der Münchner Großmarkthalle vor einem riesigen Müllcontainer steht, der bis oben hin mit Mangos gefüllt ist, versteht er die Welt nicht mehr. Die Mangos sehen toll aus – als gelernter Koch sieht er auf den ersten Blick, dass sie genau die richtige Reife haben. Und trotzdem sind sie im Müll gelandet. Wegen kleiner Druckstellen oder weil sie überreif gewesen wären, bis sie in der Gastronomie angekommen wären. Der Mango-Container geht Gruber nicht mehr aus dem Kopf. „Man muss doch verhindern können, dass so viele Lebensmittel weggeschmissen werden“, denkt er sich. Es dauert nicht lange, bis seine Idee geboren ist.
Vor zwei Jahren gründete der 55-Jährige den Verein „Grüne Tomaten“. Er bietet den Großhändlern an, ihnen ausrangiertes Obst und Gemüse für einen reduzierten Preis abzukaufen. Was wegen kleiner Schönheitsfehler im Müll gelandet wäre, packt Gruber in Kisten und liefert die an Menschen aus, die wie er einen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung leisten wollen. Vereinsmitglieder zahlen zehn Euro pro Kiste, Nicht-Mitglieder 14 Euro. Was übrig bleibt, verteilen Gruber und sein Team kostenlos samstags in München an Menschen, die sich Obst und Gemüse nur schwer leisten können.
„Wir arbeiten komplett ehrenamtlich“, erklärt er. Durch die Einnahmen der Kisten kann er die Großhändler bezahlen und die Unkosten für Benzin und Lagerhalle decken. „Das Projekt ist eine Herzenssache.“ Seinen Lebensunterhalt verdient er weiterhin mit einem Job in der Gastronomie.
Sein Traum wäre es, irgendwann hauptberuflicher Lebensmittelretter zu werden. Ganz unrealistisch ist das nicht, denn sein Verein und sein Einzugsgebiet wachsen stetig. Bis zu 200 Kisten liefern er und seine fünf Helfer pro Woche bereits aus – und längst nicht mehr nur in München, sondern auch im Münchner Süden. In den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Starnberg hat er in den vergangenen Monaten viele Abnehmer dazugewonnen, seine Facebook-Seite „Grüne Tomaten Food Rescue“ hat mehr als 1800 Abonnenten.
Und Harry Gruber denkt schon wieder einen Schritt weiter: Er würde gerne auch die Erzeuger mit ins Boot holen. „Auch auf den Feldern bleibt viel zurück, was nicht gerade gewachsen ist, aber genauso gut schmeckt“, sagt er. Als gelernter Koch könnte er sich auch vorstellen, Pasten zuzubereiten. Zum Beispiel aus reifen Mangos. „Das könnte zum Beispiel für Eismacher interessant sein.“ Und es könnte ein Weg sein, um noch mehr Obst und Gemüse vor dem Müllcontainer zu bewahren.