Sieber erhält Entschädigung

von Redaktion

VON ANGELA WALSER

Geretsried – Der „Wurm“ lag im Wacholder-Wammerl. Im März 2016 entdeckten Lebensmittelkontrolleure in Franken bei einer Probe dieses Produktes aus dem Fleischbetrieb in Geretsried im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen erhöhte Listerien-Werte. Listerien sind Bakterien. Sie können bei Kindern, Senioren, Kranken und Schwangeren zu schweren Erkrankungen führen.

Der Fund sorgte bundesweit für Aufregung. Nach verunreinigten Lebensmittelfunden bei Müller-Brot und Bayern-Ei der nächste große Lebensmittelskandal. Sieber musste Insolvenz anmelden und den Betrieb einstellen.

Seitdem wird vor Gericht um den Niedergang des Traditionsunternehmens gestritten. Rechtsanwalt Josef Hingerl, Insolvenzverwalter von Sieber, hatte den Freistaat Bayern verklagt. Er warf ihm eine Überreaktion vor. Der Freistaat sei verantwortlich für die Pleite des Unternehmens. 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiteten damals für Sieber. Der Jahresumsatz lag bei 25 Millionen Euro. Mit seiner Klage auf Amtshaftung verlangte Hingerl Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche in Höhe von elf Millionen Euro. Das Landgericht München I wies die Klage in erster Instanz ab und stützte das Vorgehen des Verbraucherschutz-Ministeriums. Zudem hätte Sieber nicht ausreichend Einspruch gegen die Maßnahmen eingelegt, argumentierten die Richter.

Das OLG vertrat eine etwas andere Meinung. Demnach mussten und durften die Behörden zwar wegen der Listerienproblematik in den Betrieb eingreifen. Allerdings wäre eine Stilllegung der Produktion, ein Rückruf und die Warnung von Kunden nur gerechtfertigt gewesen, soweit es Produkte betraf, in denen tatsächlich Listerien vorkommen konnten. Etliche Produkte waren nachpasteurisiert worden und damit nicht gefährdet. Eine Warnung vor genau diesen Fleischprodukten wertete das OLG als Amtspflichtverletzung.

Dem Geschäftsführer warfen sie allerdings vor, nicht ausreichend interveniert und die Behörden darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass sie auch unbedenkliche Wurstwaren in ihrem Sortiment führten. Dieses Mitverschulden bewerteten die Richter mit einem Drittel. Über den restlichen Schaden muss nun das Landgericht noch einmal verhandeln.

Sofort zahlen muss der Freistaat aber eine Entschädigung von knapp 29 000 Euro für Waren wie Rostbratwürste, die an einen Discounter gingen und fälschlicherweise zurückgerufen worden waren.

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