Kliniken verreißen Reform-Plan

von Redaktion

VON SEBASTIAN HORSCH

München/Berlin – Seit eine von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingesetzte Expertenkommission am 6. Dezember ihren Vorschlag für eine Reform der deutschen Kliniklandschaft vorgestellt hat, ist die Krankenhauswelt in Aufruhr. Während Bund und Länder derzeit noch gemeinsam daran arbeiten, wie eine konkrete Umsetzung aussehen könnte, versucht sich die Branche schon ein Bild über mögliche Folgen zu machen.

Nach einem bayerischen Gutachten in der vergangenen Woche legte gestern die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) nach. Das Ergebnis: Sollte die Reform so kommen, wie sie als Vorschlag auf dem Papier steht, hätte das auch für Bayern erhebliche Folgen. Je nach konkreter Ausgestaltung könnte dann demnach jedes dritte oder sogar nahezu jedes zweite bayerische Krankenhaus nicht mehr die heute von den Kliniken gewohnte stationäre Versorgung anbieten.

Der Hintergrund: Viele Häuser würden bei Anwendung des Experten-Plans wohl in die sogenannte Stufe 1 fallen. Diese ist allerdings zweigeteilt in Häuser, die unter anderem die Voraussetzungen erfüllen, eine Notaufnahme zu führen, und solche, die das nicht mehr dürften – zum Beispiel, weil sie über zu wenige Intensivbetten verfügen. Für Letztere soll der Schwerpunkt dann wohl auf ambulanten Behandlungen und der Bereitstellung von Akutpflegebetten liegen. Zudem müsste zwar eine fachärztliche Rufbereitschaft gegeben sein, doch für die Leitung dieser Einrichtungen soll es keinen Arzt brauchen – auch eine qualifizierte Pflegefachkraft soll diese Aufgabe erfüllen können. Die Frage, die im Raum steht: Sind das überhaupt noch Krankenhäuser?

Wenn tatsächlich jedes dritte oder gar zweite Krankenhaus in diese Kategorie fiele, wäre das aus Sicht der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) eine „absolute Katastrophe“ für die flächendeckende Versorgung im Freistaat. Zumal auch auf den höheren Versorgungsebenen Einschnitte drohten. „Lediglich 42 Krankenhäuser in Bayern dürften noch eine umfängliche stationäre Versorgung über mehrere Leistungsgruppen in den Leveln II und III (einschließlich der Uniklinika) anbieten, was völlig unzulänglich für eine stationäre Versorgung wäre und ebenfalls negative Auswirkungen auf die ambulante Versorgung sowie den Rettungsdienst hätte“, schreibt die BKG. Und: „Die Zukunft der für Bayern besonders wichtigen Fachkliniken wäre ebenso ungewiss.“ Brisant: Angefertigt hat die Analyse das Forschungsinstitut von Gesundheitsökonom Boris Augurzky, der selbst auch Mitglied der Regierungskommission ist, die den diskutierten Vorschlag ausgearbeitet hat.

Noch ist dieser Vorschlag nicht in Stein gemeißelt. Bundesgesundheitsminister Lauterbach betont, dass die Reform die Versorgung verbessern solle und man diesen Weg gemeinsam mit den Ländern gehen wolle. In Facharbeitsgruppen kommt man bis zum Sommer immer wieder zusammen, um einen Gesetzentwurf zu erarbeiten.

Doch auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) zeigt sich alarmiert. Das Gutachten der Krankenhausgesellschaft übertreffe seine Befürchtungen noch. „In Bayern müsste nach der DKG-Analyse mehr als die Hälfte aller Geburtshilfestationen schließen. Über 40 Prozent der schwangeren Frauen müssten daher zur Entbindung künftig andere Kliniken aufsuchen“, sagt Holetschek und fordert erneut einen Gipfel mit Bund, Ländern und Klinik-Vertretern.

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