München – Die Schockstarre bei den Verbrauchern geht langsam vorbei: Diese Beobachtung hat zumindest Bernadette Lex gemacht. Die 44-Jährige betreibt mit ihrer Schwester einen Biohof in Bockhorn im Landkreis Erding mit Hofladen und Onlineshop. „Es geht Richtung Frühjahr und wieder aufwärts“, umschreibt sie die Stimmung bei den Käufern von Bio-Lebensmitteln. Auf dem Biohof werden auf 200 Hektar Getreide, Kartoffeln, Hanf und Mohn angebaut – auch Biosaatgut. Außerdem gibt es viele Legehennen auf dem Hof.
Noch im Januar hatte die Bäuerin eine Verunsicherung und Kaufzurückhaltung bei den Menschen festgestellt. Aber die Biobranche sei auch sehr verwöhnt gewesen durch den Corona-Boom, gibt Bernadette Lex zu. Und jetzt befinde man sich beim Absatz im Vor-Corona-Modus. „Mittel- und langfristig bietet der ökologische Landbau die Lösung für die Natur, das Klima und die gesunde Ernährung“, ist die Mutter von dreijährigen Zwillingsbuben überzeugt. „Unsere Kunden wissen das auch. Man muss ihnen aber wohl zugestehen, dass es in der aktuellen Zeit für sie schwierig ist“, sagt sie. Auch die Biobauern kämpften mit den hohen Energie- und Dieselkosten. Doch sie ist davon überzeugt, dass es nur eine kurzfristige Delle auf dem Absatzmarkt war: „Bio ist nicht in der Krise – meiner Meinung nach ist Bio die Lösung für die Krise.“
Schwierig ist es für die Bio-Fachgeschäfte, weiß Bernadette Lex. Einige ihrer Kunden mussten ihr Geschäft aufgeben, weil Verbraucher ihre Bioprodukte plötzlich in Supermärkten oder bei Discountern kauften. „Da haben wir auch uns lieb gewordene Kunden verloren. Und manche haben es auch jetzt nicht leicht. Das kann man nicht beschönigen.“ Lex ist sich sicher, dass auch in den Bioläden das Geschäft wieder anzieht – „und die Kunden belohnen, was so ein Bioladen auch leistet“. „Die Preise haben in den Bioläden ja bei Weitem nicht so angezogen wie im Supermarkt. Vielen Kunden ist das aber noch gar nicht bewusst.“
Vorsichtig optimistisch sieht auch Franz Lenz, Biobauer aus Zorneding, die Lage. Der 61-Jährige bewirtschaftet 96 Hektar Land, baut Getreide, Kleegras und Kartoffeln an, hat aber auch eine Mutterkuh-Herde, einige Schafe und ein paar Schweine. Fleisch und Wurst verkauft er in seinem Hofladen. Als Direktvermarkter konnte er genau verfolgen, wie sich das Verbraucherverhalten verändert hat. „In Corona-Zeiten wussten wir nicht, woher wir die Ware bekommen sollten“, erinnert er sich. Wenn Lenz schlachtet, bekommen seine Stammkunden eine Nachricht. „Bis vor einem Jahr war nach spätestens 30 Minuten ein Ochse verkauft“, berichtet er. Danach sei der Absatz dramatisch zusammengebrochen. „Jetzt scheint es wieder etwas anzuziehen. Aber ich trau mich kaum, es zu sagen. Sicherheit habe ich noch keine.“
Vor 30 Jahren hat Lenz seinen Betrieb im Kreis Ebersberg auf Bio umgestellt. Manchmal ist er etwas bedrückt, weil es in Krisenzeiten nur noch ums Sparen gehe und vergessen werde, welchen Wert die Biolandwirtschaft habe. „Haben wir in den letzten 30 Jahren den Leuten umsonst erklärt, dass Ökolandbau nicht nur gesunde Lebensmittel und Tierwohl bedeutet, sondern auch weniger Umweltverschmutzung durch Pestizide und mehr Grundwasserschutz?“, fragt sich Lenz. Bio, so betont er, „wird dann teuer, wenn ich viel Fleisch esse“. Doch wer seine Ernährung umstellt und weniger Fleisch isst, müsse nicht mehr bezahlen, wenn er zu Bio greift.