NACHGEFRAGT

Abschied mit S-Bahn-Stück

von Redaktion

Zehn Jahre lang waren Hans Well und seine Kinder als Wellbappn auf deutschen Kabarettbühnen unterwegs. Nun läuten sie den Abschied ein – mit einer Aufführung im Silbersaal des Deutschen Theaters. Ein Gespräch über Höhen und Tiefen bayerischen Humors.

Im Programm haben Sie auch ein Stück mit dem vielsagenden Titel Schienenersatzverkehr. Ist die S-Bahn jetzt schon ein Fall fürs Kabarett?

Das war’s für mich schon immer. Ich war immer ein begeisterter S-Bahn-Fahrer. Ich weiß gar nicht, wie viele Stunden ich mit Warten verbracht habe, wenn ich meine Kinder vom Bahnhof abgeholt hab. Und die wundersame Milliarden-Vermehrung bei der zweiten Stammstrecke lädt natürlich auch ein, dass man sich Gedanken macht. Wir singen also ein musikalisches Mahnmal für den unbekannten S-Bahn-Fahrer.

Sie versprechen einen musikalischen Starkbieranstich ohne Textkontrolle durch Brauereien. Ihnen redet keiner rein?

Niemand nimmt unsere Texte vorher unter die Lupe und sagt, das passt jetzt nicht so ganz. Es wird also so scharf und witzig wie möglich und nötig.

Haben Sie auch Zensurerfahrungen?

Nach dem BayWa-Lied 1979 ist die Biermösl Blosn jahrelang vom BR nicht gespielt worden. Das war mir wurscht. Ich erinnere mich spontan an den Maibockanstich 1983 – damals nach den Massenverhaftungen nach einer Demo von Jugendlichen des Nürnberger KOMM. Die Schlusszeile lautete: Mia lebn nicht in Südamerika, mia lebn im Bayernland, und dem sei Liberalitas de war moi guat bekannt. Wer zerst zuaschlogt und dann erst frogt, der tuat gor nia koa Guat – und drum es zwei Minister, saufst aus und nemmst an Huat. Die beiden CSU-Minister Karl Hillermaier und Gustl Lang saßen damals im Publikum.

Ist Kabarett in Bayern heute zu brav?

Das weiß ich nicht. Aber es gibt eine Dominanz von Comedy, und viele meiden politische Themen auf der Bühne. Es gibt sehr viel Kabarett, aber ich habe nicht das zwingende Gefühl, dass die Qualität besser geworden ist.

Die Lach- und Schießgesellschaft steht vor dem Aus. Gibt es Hoffnung auf Rettung?

Schwer zu sagen, da kenne ich die Interna nicht. Die Biermösl Blosn ist zu Lebzeiten mit unserem guten Freund Dieter Hildebrandt öfters dort aufgetreten. Ich weiß, wie wichtig ihm die Lach- und Schieß war. Das ist Kabarettgeschichte, die Kabarett-Institution in München.

Die Wellbappn hören im Sommer auf – ihre Kinder haben beruflich andere Pläne. Und dann?

Mein Sohn arbeitet inzwischen in Berlin, eine Tochter geht vielleicht ins Ausland. Es ist also zumindest eine temporäre Pause. In der Konstellation wird es leider zumindest eine Zeitlang nicht weitergehen. Mit der ältesten Tochter Sarah will ich weitermachen, sie möchte auch unbedingt weiterspielen. Bei der Trennung von meinen Brüdern 2012 dachte ich ans Aufhören. Damals hat mich Dieter Hildebrandt bestürmt, das nicht zu tun.

Fahren Sie eigentlich mit der S-Bahn zum Auftritt?

Geht nicht, weil wir Kontrabaß und 15 Instrumente dabei haben (lacht). Und vor allem will ich auch pünktlich ankommen. Es geht um 20 Uhr los, die Gefahr, dass ich dann um 22 Uhr ankomme, ist nicht unbeträchtlich.

Das Interview führte Dirk Walter

Hans Well & Wellbappn. Musikkabarett am Aschermittwoch, 22. Februar im Silbersaal, Karten unter deutsches-theater.de oder über München Ticket (089-55 234 444).

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