Krailling – Im Großtanklager im Kreuzlinger Forst lagern Mineralölhändler Kraftstoffe in 32 unterirdischen Tanks. Sie werden mit dem Zug angeliefert und von Lastern abgeholt. Für die ein- und ausfahrenden Züge stehen 14 Kilometer Gleisanlagen und drei Bahnhöfe zur Verfügung. Das Gelände wurde einst in der NS-Zeit zur Vorbereitung für den Zweiten Weltkrieg gebaut, dann gehörte es dem Bund, inzwischen ist es in der Hand von Krailling Oils.
Seit einiger Zeit tragen sich die Eigentümer mit Überlegungen, das Gelände weiterzuentwickeln. Die Ideen reichen von Eisspeicherheizungen über Windräder hin zu einem Ökoenergiepark. Die aktuelle Idee hat eine andere Dimension. Geplant ist, auf dem Areal einen Verladebahnhof zu errichten: Güter von der A96, möglicherweise abgeleitet über eine neue Autobahnausfahrt, sollen in Krailling auf die Schiene gebracht werden. Das Ziel: Anschluss an der Brenner-Basistunnel. Als Investor tritt die tschechische Firma Metrans auf.
Nach Informationen unserer Zeitung fand Ende September ein Ortstermin statt. Eingeladen waren Bürgermeister, Landtags- und Bundestagsabgeordnete, Vertreter der Regierung und der Ämter. In erster Linie ging es darum, der Runde den geplanten Gleisanschluss nach Gauting-Stockdorf plausibel zu machen. In der Nazizeit gab es diese Querverbindung bereits, die Gleise wurden bombardiert und existieren nur noch in Resten. Jetzt soll die Verbindung reaktiviert werden. Es geht um drei Kilometer quer durch den Bannwald.
Auch über eine Alternative wurde debattiert: das Gleis Richtung Freiham intensiver zu nutzen. Angeblich denken die Eigentümer darüber nach, die Trasse einige hundert Meter nach Osten zu verlagern, um den Lärm für Germering in Grenzen zu halten. Ob das geht, ist ungewiss. Es steht außerdem die Idee im Raum, sowohl eine Trasse nach Gauting zu bauen als auch das Gleis nach Freiham stärker in Anspruch zu nehmen.
Die Investoren dementieren die Pläne nicht: Derzeit prüfe die Metrans Gruppe als Tochter der Hamburger Hafen und Logistik AG „in enger Abstimmung mit der Eigentümergesellschaft des Tanklagers G1 Krailling Real Estate und der Betreibergesellschaft Krailling Oils die Möglichkeiten einer Entwicklung“, heißt es. Das Projekt befinde sich in einem frühen Stadium, verlässliche Daten lägen in den nächsten Monaten vor. Einen Zeitrahmen oder eine Investitionssumme zu nennen, sei im Moment nicht seriös. Weiter heißt es: „Wir sind der Überzeugung, dass eine Verlagerung des Straßen-Güterverkehrs auf die Schiene ein maßgeblicher Baustein im Sinne des Klimaschutzes und der Mobilitätswende ist.“
Der Starnberger Landrat Stefan Frey (CSU) kann kaum glauben, was da geplant ist. „Das passt in dieser Dimension überhaupt nicht in unsere Gegend.“ Vor dem Bau einer Trasse in Richtung Gauting warnt er. „Das ist der Protest programmiert.“ Ein Verladebahnhof von dieser Dimension soll seiner Ansicht nach dahin, wo die Infrastruktur vorhanden ist: nach München. „Aber nicht bei uns, in unserer wunderbaren Natur.“
Frey misstraut auch den Investoren. „Wir wissen gar nicht, wer konkret unser Ansprechpartner ist. Krailing Oils? Metrans? Der Hamburger Hafen? Das ist alles sehr intransparent.“ Seine Sorge: „Im schlimmsten Fall werden wir als Landkreis beim Genehmigungsverfahren nur Zaungäste sein.“ Tatsächlich wird bei Projekten dieser Größe ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet, Landkreis und Gemeinden können nur Einwände vorbringen. Die Entscheidung liegt bei der Regierung, der noch nichts vorliegt. „Es war ein Fehler, dass der Bund seinerzeit das Gelände verkauft hat“, sagt Frey. „Jetzt ist es ein Spekulationsobjekt.“
Hochgradig alarmiert sind auch die Bürgermeister der am meisten betroffenen Gemeinden Germering und Gauting. Andreas Haas (CSU) lehnt die Pläne rundweg ab. „Das hat keinerlei Mehrwert für Germering.“ Allein die Anbindung über die bestehenden Gleise, die am Harthaus entlang zur S-Bahnlinie führen, rechtfertigten eine Ablehnung. Die Gautinger Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (CSU) rechnet mit heftigen Protesten, wenn für Gleise drei Kilometer Wald gerodet werden. Sollten die Pläne Wirklichkeit werden, bedeutete das für ihre Bürger viel mehr Lärm und Dreck. Das Problem, das da buchstäblich auf Gauting zurollt, würde das ganze Würmtal betreffen.
Eine etwas abweichende Meinung vertritt der Kraillinger Bürgermeister Rudolph Haux (FDP). „Wir als Gemeinde haben Interesse daran, dass es Krailling Oils wirtschaftlich gut geht, sie zahlen Gewerbesteuer.“ Er geht davon aus, dass sich das Verfahren noch zehn Jahre hinziehen wird.
Im Januar haben Krailing Oils und Metrans eine E-Mail bekommen, unterstützt von etlichen Politikern. Sie äußern sich klar gegen den Verladebahnhof. „Ein solches Vorhaben greift massiv in kommunale Belange ein. Es wäre mit einem erheblichen Anstieg von Verkehr zu rechnen“, heißt es. „Die betroffenen Kommunen lassen sich nun anwaltlich vertreten.“
Das Verkehrsministerium hat eine andere Haltung: „Im Großraum München braucht es weitere Verladeterminals. Deswegen ist das Engagement des Investors zu begrüßen.“ Die Bedenken der Landräte und Bürgermeister seien aber nicht von der Hand zu weisen. Das Ministerium ermutigt den Investor, mit den Beteiligten Gespräche zu führen.