Gesegneter Genuss

von Redaktion

Braumeisterin Schwester Doris über Starkbier, Fastenzeit und Schweinsbraten

Mallersdorf – Sie ist die letzte klösterliche Braumeisterin Deutschlands. Im Franziskanerinnenkloster bei Landshut steht Schwester Doris seit 1966 im Sudhaus. Dunkles Bier? Mag die 71-Jährige nicht. Sie braut gerade hellen Doppelbock – die Kundschaft reicht bis nach Italien.

Starkbier ist ja nichts für schwache Gemüter.

Unseres hat 18,5 % Stammwürze. Die Leute meinen immer, das ist der Alkoholgehalt. Stimmt aber nicht. Alkohol hat es 7,5 %. Wenn man eine Flasche trinkt, ist das so viel wie ein Glas schwerer Rotwein. Bier ist das alkoholärmste Getränk unter den Alkoholika. Wobei ich nicht dem Trinken huldige!

Eine Flasche, dann ist Schluss?

Wenn jemand da ist, trink ich auch eine zweite. Das ist mein Anspruch ans Bier: dass es mir so schmeckt, dass ich eine zweite Flasche will. Aber beim Dunklen oder beim Weißbier bleibt es bei einer Flasche.

Wie schaut die Fastenzeit im Kloster aus?

An den Freitagen gibt es mittags und abends eine Gemüse- oder Kartoffelsuppe mit Brot. Es wird nichts dazugekauft, kein Fisch, kein Käse. Das ist unser gemeinsames Fasten. Es soll aber nicht zum Opfer ausarten. Ich finde, das muss man freiwillig machen.

Ein Glaserl Bier dazu?

Immer. Zu jeder Mahlzeit, außer zum Frühstück. Man hofft natürlich, dass jeder aufhört, bevor er zu viel hat.

Was schätzen Sie an der Fastenzeit?

Da hab’ ich mehr Zeit, mich selber zu hinterfragen. Gestern hab’ ich mich mit einer Dame in der Pfarrei unterhalten. Komischerweise redet gerade jeder von der Fastenzeit, ob gläubig oder nicht.

Viele verzichten jetzt zum Beispiel aufs Handy oder auf Alkohol…

Das finde ich nicht schlecht. Wobei es in der Bibel heißt: „Dies ist ein Fasten wie ich es liebe.“ Da geht es um Werke der Barmherzigkeit: Kranke besuchen, den Armen Brot geben. Es geht um Menschlichkeit. Und da ist bei uns viel verloren gegangen.

Was halten Sie von den Starkbierfesten?

Mir fällt auf, diese Starkbierfeste sind heutzutage mehr wie ein Fasching. Ursprünglich haben die Mönche ja wirklich gefastet. Aber sie waren erfinderisch. Und damit sie in dieser Zeit auch ein Vergnügen haben, haben sie das Bier eben stärker gebraut. „Flüssiges bricht Fasten nicht.“ Das finde ich so positiv am Christentum: Wir werden nicht zum Fasten gezwungen. Wir dürfen uns freiwillig entscheiden.

Ist das Klosterbier besonders bekömmlich? Womöglich sogar gesegnet?

(Lacht) Jetzt wird’s schwierig! Gesegnet? Glaube ich nicht. Aber jedenfalls verfluche ich es nicht. Wir sind halt Brauer. Und übrigens: Es gibt nur noch eine Handvoll echte Klosterbrauereien. Andechs, Ettal, Mallersdorf, Kreuzberg in der Rhön und Scheyern. Viele Betriebe haben sich den Namen „Klosterbrauerei“ aber schützen lassen. Da stehen dann die Gebäude leer, es wird auch dort gebraut. Aber die Brauerei wird nicht von den Klöstern betrieben und geführt.

Eine Mogelpackung!

Eigentlich schon. Ich sag immer: Leute, seid halt ehrlich. Viele wollen nichts mehr von der Kirche wissen, aber jeder möchte es vermarkten. Dabei glaube ich schon, dass viele Menschen einen Glauben haben. Aber manche Junge glauben so kompliziert.

Dabei könnte alles so einfach sein?

Genau. Die Fastenzeit ist eine Zäsur: Was glaube ich wirklich? Woran hängt mein Herz? Und einfach auch wieder zu sich kommen. Aber jetzt sind überall Fischessen, kulinarische Ereignisse. Das hat nichts mit Fasten zu tun.

Schon mal ein Flascherl nach Rom geschickt?

(Lacht) Wenn Christus Bayer gewesen wäre, hätte er Wasser in Bier verwandelt. Aber man soll ja nicht so kompliziert denken. Sondern sich an dem freuen, was man hat!

Auf dem Etikett lachen Sie den Kunden entgegen.

Ein neues Etikett ist furchtbar teuer, deshalb bin ich da immer noch drauf. Alles ist heutzutage so verbissen auf Ertrag und Gewinn aus. Das kann es doch nicht sein! Und auch das ist der Sinn der Fastenzeit: nachdenken, was letztlich bleibt. Und ob Geld und Macht alles ist.

Gerne auch bei einem guten Bier.

Das ist schon wichtig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man bei Schweinsbraten mit Kamillentee recht tiefsinnige Gespräche führen kann.

Interview: Tina Schneider-Rading

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