Die neue Herzkammer der S-Bahn

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München – Auf zwei Stockwerken in einem neuen Bürogebäude im Münchner Osten schlägt die neue „Herzkammer der S-Bahn“. So nennt S-Bahn-Chef Büttner die gut zwei Millionen Euro teure Investition, die seit Kurzem in Betrieb ist. Sie ist Teil eines Programms „Starke S-Bahn München“.

Stark war die Leistung der S-Bahn in jüngster Zeit indes nicht gerade. Die Pünktlichkeit erreichte im vergangenen Jahr einen neuen Negativ-Rekord. Nur 90,1 Prozent der Züge waren pünktlich – ganz ausfallende S-Bahnen nicht mitgezählt. Besonders schlecht waren die S1 (87,2 Prozent) und die S2-Ost (87,5 Prozent), ergab kürzlich eine Anfrage der Landtags-Grünen.

Im Jahr 2023 lief es bisher besser, man liege stabil bei weit über 90 Prozent, heißt es. An diesem Montagvormittag sind es sogar über 97 Prozent. Mit Versprechungen ist Büttner aber vorsichtig. Er sagt: „Die Fahrgäste können von uns erwarten, dass wir bei Störfällen schneller zum Normalbetrieb zurückkehren.“ Die sogenannte integrierte Leitstelle am Ostbahnhof soll das ermöglichen. Integriert – weil alle Disponenten in einem Raum sitzen: für Züge, für das Personal und für die einzelnen S-Bahn-Linien. Die Leitzentrale ist nicht zu verwechseln mit dem neuen Stellwerk, das auf der anderen Seite des Ostbahnhofs in Bau ist – von dort sollen 70 Signale und 60 Weichen für die S-Bahn im Münchner Osten gesteuert werden.

Im Großraumbüro der Leitzentrale zeigt eine 20 Meter breite Wand aus Monitoren den Standort jeder S-Bahn in Echtzeit. Dahinter steht eine Zahl – die Verspätungsminuten. An diesem Montagvormittag läuft es gerade, hinter den meisten S-Bahnen flimmert eine 0 oder allenfalls eine 2 oder 3. Einziger Ausreißer ist eine S8, die sich mit 8 Minuten Verspätung Richtung Herrsching schlängelt. In drei Schreibtischreihen sitzen die S-Bahn-Leute, die in der Leitzentrale eng umrissene Aufgaben haben. Es gibt Disponenten, die sich um die Züge kümmern. Sie greifen ein, wenn ein S-Bahn-Zug plötzlich streikt. Beispielsweise steht am Ostbahnhof stets ein Reservezug bereit – er kann eingesetzt werden, falls am Bahnhof plötzlich eine Fahrzeugstörung auftritt. Es gibt ferner Linien-Disponenten, die jeweils zwei S-Bahn-Linien im Blick haben. Ist die Verspätung groß, müssen sie reagieren. Mit den Kollegen von DB Netz besprechen sie, ob zum Beispiel eine vorzeitige Wende notwendig ist, die S-Bahn also nicht bis zum Endbahnhof durchfährt, sondern vorzeitig kehrtmacht.

Disponenten für das Personal planen den Einsatz der 650 S-Bahn-Lokführer. Falls sich ein Triebfahrzeugführer plötzlich krankmeldet, müssen sie Ersatz auftreiben. Am Ostbahnhof und in Pasing gibt es mittlerweile eine Lokführerreserve, sechs bis zehn Personen über den Tag verteilt, die dann einspringt. „Notfalls fährt der Kollege mit dem Taxi raus zum Einsatzbahnhof“, sagt Büttner. Es kommt auch vor, dass die Reserve-Lokführer gar nicht benötigt werden – aber das ist eher selten.

Ebenfalls Teil der neuen Leitstelle ist die Fahrgastinfo – jene Mitarbeiter, die die Verspätungsmeldung über den Streckenagenten aufs Handy ausspielen. Das funktioniert nach Büttners Einschätzung gut, ebenso wie die Echtzeitanzeigen im Zug.

Probleme gibt es aber bei den Anzeigen an den Bahnhöfen und bei den Durchsagen. Die Leitzentrale hat keinen Zugriff auf Lautsprecher und Anzeiger. Das wird sich erst in eineinhalb Jahren ändern.

Lokführer in Reserve springen im Störfall ein

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