Sie wirkten anfangs vielleicht noch etwas fremd, viel Deutsch sprechen sie noch nicht. Aber sie stehen jeden Morgen gegen 7 Uhr an der Bushaltestelle auf Höhe der Muthilostraße in Mittelstetten: die beiden neuen Schulweghelfer der Gemeinde. Jahrelang hatte die Rathausverwaltung vergeblich nach Freiwilligen für diese Aufgabe gesucht. Die Neuen kommen aus der Asyl-Unterkunft nahe dem Sportplatz. Der Helferkreis hatte bei seiner Flüchtlingssprechstunde für das Ehrenamt geworben und gleich zwei Zusagen erhalten. Nach einer Schulung durch die Polizei und von der Gemeinde ausgerüstet mit Mützen und Warnwesten wechseln sich jetzt Chava (43) aus dem russischen Tschetschenien und der Afghane Fazilhaq (35) im Einsatz an der Kreisstraße ab. Für einen dritten Betreuer, Chavas Mann, wird noch auf einen Einweisungstermin von der Polizei gewartet. Nach den Worten von Uli Waldbach, dem Sprecher des Asylhelferkreises, war keine Überredungskunst nötig, um die beiden für einen unbezahlten und für sie wohl ungewöhnlichen Job zu gewinnen.
Die Arbeitsstelle ist nicht weit weg, und das Stündchen Einsatz vor Schulbeginn kostet nicht viel Zeit. Von Letzterer haben die Flüchtlinge ohnehin im Übermaß. Chava und ihre drei Kinder – ein Schüler, eine angehende Bankkauffrau und ein Sicherheitsmann bei einem Gewerbebetrieb – leben schon seit fast sieben Jahren in Mittelstetten. Sie haben derzeit einen Status als abgelehnte, aber geduldete Asylbewerber. Der alleinstehende Fazilhaq kam vor etwa einem Jahr und ist noch im Verfahren.
Zurzeit leben 32 Menschen in dem Container nahe dem Klärwerk. Sie kommen außerdem aus dem Jemen, aus Nigeria, Senegal und Sierra Leone. Ferner wohnen dort zwei Ukrainer, weitere 13 ihrer Landsleute sind privat untergebracht. Was so naheliegend klingt, den Flüchtlingen eine sinnvolle Beschäftigung zu bieten, ist offenbar keine Selbstverständlichkeit. Waldbach zumindest weiß von keiner anderen Gemeinde im Landkreis, wo Asylbewerber auf diese Weise ein Stück weit integriert werden. Aber Mittelstetten hat auch eine der wenigen Unterkünfte, vor der keine Security stehen muss.
Die Alteingesessenen haben außerdem nach der Erfahrung des Helferkreises „grundsätzlich keine ablehnende Haltung“ gegenüber ihren fremden Gästen. Möglicherweise war nur einmal bei den örtlichen Freizeit-Fußballern das Einvernehmen etwas getrübt. Denn beim Vergleich der „Grashoppers“ mit einer „Weltauswahl“ aus dem Asylbewerberheim (verstärkt durch den Objektbetreuer aus dem Landratsamt) errang letztes Jahr auf dem Rasen die Gästemannschaft einen deutlichen 0:3-Sieg. OLF PASCHEN