Verstärkung für die Lebensretter

von Redaktion

VON KATRIN WOITSCH

Dachau/München – Martin Noß hat 210 Bewerbungen auf den Schreibtisch bekommen. Für zehn neugeschaffene Ausbildungsstellen im Rettungsdienst im BRK-Kreisverband Dachau. Wenn er darüber nachdenkt, bekommt er richtig gute Laune. Es beweist ihm, wie attraktiv der Beruf des Notfallsanitäters für junge Menschen ist. Dass Verstärkung in Sicht ist. Besonders nach den harten Corona-Jahren ist das für ihn und seine Kollegen eine erlösende Nachricht. „Es passiert endlich etwas“, sagt Noß und meint damit die Entscheidung der Kostenträger, 750 Ausbildungsstellen in den kommenden zwei Jahren zu finanzieren. Für diese Aufstockung hatte das BRK hart gekämpft. Nur für den Landkreis Dachau bedeutet das zehn Fachkräfte mehr, die Noß nach Ende ihrer Ausbildung für den Dienstplan zur Verfügung hat. Auch wenn die Reformen langsam kommen – für ihn zählt, dass der Rettungsdienst gestärkt wird.

Denn auch wenn es nicht mehr so viele Ausfälle gibt wie während der Pandemie, noch immer sind viele Kliniken zeitweise für den Rettungsdienst abgemeldet, weil es zu wenig Personal und deswegen zu wenig freie Betten gibt. Oder weil die Notaufnahmen überlastet sind. Nach wie vor kommen viele Menschen mit Beschwerden dorthin, bei denen eigentlich der Hausarzt oder der ärztliche Bereitschaftsdienst die richtigen Ansprechpartner wären. Die Rettungswagen müssen dann weiter entfernte Krankenhäuser anfahren und fallen dadurch lange für andere Einsätze aus. Und das hat auch Auswirkungen auf die gesetzlich vorgegebenen Hilfsfristen.

Innerhalb von zwölf Minuten müssen Rettungswagen am Einsatzort sein. Bis 2018 schaffte es der Rettungsdienst bei mindestens 90 Prozent der Notfälle innerhalb dieser Frist vor Ort zu sein, 2021 lag die Quote nur noch bei 87 Prozent. Laut Rettungsdienstbericht für das Jahr 2021 sind die Einsätze in Bayern, in denen die Retter länger als zwölf Minuten brauchten von 55 200 auf 120 000 gestiegen.

Sohrab Taheri-Sohi, Sprecher des BRK, ordnet diese Zahlen ein: Nur der Rettungswagen und der Notarzt fließen in die Berechnung der Hilfsfrist ein. Nicht aber die sogenannten Helfer vor Ort, die zusätzlich entsandt werden, wenn der nächste Rettungswagen zu weit vom Einsatzort entfernt ist, um innerhalb weniger Minuten dort zu sein. Helfer vor Ort sind ausgebildete ehrenamtliche Einheiten aller Hilfsorganisationen und der Feuerwehren, die Ausrüstung und Auto gestellt bekommen, um schnell Hilfe leisten zu können. Im Landkreis Dachau sind das sieben Ehrenamtliche, berichtet Noß. Sie leben vor allem in den ländlichen Gebieten, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Dieses Helfer-vor-Ort-System gibt es bereits seit den 90er-Jahren, erklärt Noß. „Finanziert wird es ausschließlich über Spenden. Anders könnten wir uns das nicht leisten.“

Niemand müsse in Bayern lange auf Hilfe warten, betont Taheri-Sohi. Die Helfer vor Ort sind kein Teil des öffentlichen Rettungsdienstes, deshalb tauchen sie in den Statistiken nicht auf. Die ehrenamtlichen Unterstützungsgruppen waren besonders in der Corona-Zeit eine immense Hilfe, erklärt Taheri-Sohi. Die Rettungswagen mussten damals teils Transportwege durch mehrere Landkreise auf sich nehmen, weil die Krankenhäuser vor Ort alle überlastet waren. „Angesichts dessen ist die statistische Verschlechterung der Quote um nur zwei Prozentpunkte auch den Ehrenamtlichen zu verdanken, die dieses System am Laufen gehalten haben“, betont Taheri-Sohi. Die Pandemiejahre hatten auch etwas Gutes, sagt Martin Noß. „Die Zusammenarbeit der Kreisverbände ist heute viel intensiver.“ Noch ein Grund, warum er optimistisch in die Zukunft blickt.

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